Der männliche Blick

Rechtsextremismus ist in seinen Erscheinungsformen ein überwiegend männliches Phänomen.

NS-Girlie-Band Prussian Blue

Sie sind blond. Sie sind 14 Jahre jung. Sie sind niedlich anzusehen in ihren Trachtenkostümen und Teenagerklamotten. Und sie trällern, „Arier erwacht!“ oder auch „Rudolf Hess, Mann des Friedens“. Die Zwillinge Lynx (= Lux) und Lamb (= Lamm) Gaede, geboren in Kalifornien, wohnhaft in Montana, sind ein veritables Fräuleinwunder des rechtsextremen Musikbetriebs. Als Duo Prussian Blue (= Preussisch Blau) wurden sie während eines Auftritts von William Pierce (1933 - 2002) entdeckt, Gründer der White-Power-Partei National Alliance, von der sie bis heute unterstützt und gefördert werden. Ihren Ruhm verdanken sie vor allem zahlreichen Konzerten bei sog. „Euro-Fests“, die sich unter amerikanischen Neonazis großer Beliebtheit erfreuen. Dabei handelt es sich um Veranstaltungen, die der Rückbesinnung auf die „rassischen“ Wurzeln „weißer“ Amerikaner mit Vorfahren aus Europa dienen. Die blonden „Arierinnen“ erfreuen sich auch unter deutschen Neonazis einiger Beliebtheit: Zuletzt wurden sie als Stargäste während des Sommerfestes der NPD am 17. Juni 2006 in der Oberpfalz gebucht. Jedoch wurde ihnen im laufenden Verfahren ihrer Eltern um das Sorgerecht die Ausreise verweigert. Ihr Vater argumentierte, sie würden von der Mutter zum „Rassenhass“ angestachelt.

Nach Auskunft von Kirsten Döhring und Renate Feldmann lag der Frauenanteil im Jahr 2000 an gewaltbereiten extrem rechten Szenen zwischen fünf und 20 Prozent in den einzelnen Bundesländern.[1]

Insgesamt sind die in der Forschung angegebenen Zahlen recht vage, da die zuständigen Behörden das Thema meist nicht nach geschlechtsspezifischen Kriterien behandeln. Auf Anfrage teilt das Bundesamt für Verfassungsschutz mit, dass der Anteil von Frauen an „rechtsextremistischen Szenen“ zwischen zehn und 15 Prozent liegen „dürfe“.

Im 19köpfigen Parteivorstand der NPD befinde sich eine Frau, in dem der DVU zwei und bei den Republikanern fünf. Ebenfalls gebe es in der Neonazi-Szene „nur wenige Frauen, die eine Führungsrolle inne haben.“

In der „rechtsextremistischen Skinhead-Musikszene“ seien weibliche Interpreten kaum vertreten, außerdem seien „Versuche, überregionale Strukturen für rechtsextremistische Frauen aufzubauen, [...] bislang weitgehend erfolglos“ geblieben.

Angesichts der männlichen Dominanz in der extremen Rechten überrascht es nicht, wenn der vorherrschende Blick auf Frauen dem ähnelt, der unter vielen Männern ohne rechtsextreme Weltbilder verbreitet ist: Auf Homepages rechtsextremer wie unpolitischer Skinheads beliebt ist eine Computerillustration, die eine langbeinige junge Frau zeigt, mit großen Brüsten und ausrasierter Scham.

Nur in der für Skingirls oder Renees typischen Frisur – ein ausrasierter Hinterkopf, der von einem Pony eingerahmt ist – und den schweren Stiefeln unterscheidet sie sich von dem Frauenbild, das in Film, Werbung und Pornographie bedient wird.

Doch im Unterschied zu anderen von Männern dominierten gesellschaftlichen Gruppen nehmen Rechtsextremisten Frauen in besonderem Maße als Sexualobjekte wahr: Denn zu den sozialen Mechanismen von Männergruppen, in denen oft, beileibe aber nicht immer der Blick auf die Frau sexualisiert ist, tritt hier eine Ideologie, in der die Frau auf ihre „biologische Funktion“, auf die vermeintliche „natürliche Ordnung“ reduziert wird.


[1] Kirsten Döhring, Renate Feldmann: Akteurinnen und Organisatorinnen. Die Involviertheit von Frauen in der extremen Rechten (in: Antifaschistisches Frauennetzwerk, Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus (Hrsg.): Braune Schwestern? Feministische Analysen zu Frauen in der extremen Rechten. Münster 2005), S. 18
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