Vorstellung und Diskussion der Studie "Unterbringung von Flüchtlingen in Deutschland"

Welche Konsequenzen lassen sich aus den Ergebnissen für Brandenburg ziehen?

Schwerpunktsitzung

Anfang Oktober veröffentlichten Pro Asyl eine Studie zu den Rahmenbedingungen der Flüchtlingsunterbringung in den einzelnen Bundesländern. Die Studie von Kay Wendel zeigt, dass die Bundesländer ihre Unterbringungssysteme für Flüchtlinge völlig unterschiedlich organisieren. Von den Kostenerstattungsregelungen über die Mindeststandards für Sammelunterkünfte bis zu Vorgaben über die soziale Beratung unterscheiden sich die einzelnen Bundesländer zum Teil erheblich. Auch bei der Kernfrage, ob Flüchtlinge in Wohnungen oder Sammelunterkünften leben, gibt es erhebliche Unterschiede.

Ende 2013 waren in Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen zwischen 91 % und 72 % der Flüchtlinge dezentral – also vorrangig in Wohnungen - untergebracht, dagegen waren es in Brandenburg nur 34%. Anhand dieser Zahlen wir deutlich, dass die Brandenburger Landesregierung und die Kreise bisher keine tragfähigen Konzepte zur Wohnungsunterbringung entwickelt haben.

Dabei geht es in einem Flächenland wie Brandenburg nicht nur um die Quantität der Wohnungen, sondern auch um ihre Lage. Flüchtlinge brauchen eine Infrastruktur, die ihnen den Zugang zu Ärzten, Rechtsanwälten und Beratungsstellen und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Wohnungen in abgelegenen Orten führen nur zu weiterer Isolation und Unterversorgung. Es geht aber nicht nur um Wohnungsunterbringung. Es zeigt sich, dass die Landesregierung es generell versäumt hat, die Weichen für eine menschenwürdige Unterbringungspolitik zu stellen, wie dies der Flüchtlingsrat, selbstorganisierte Initiativen und andere flüchtlingspolitische Akteure in Brandenburg schon lange fordern.

Stattdessen verantwortet die Landesregierung die langfristige Errichtung großer, zum Teil isolierter Sammelunterkünfte , die unter der „vorübergehenden“ Herabsetzung der Mindeststandards errichtet werden. Sie konterkariert damit ihr eigenes Integrationskonzept, ganz zu Schweigen von den Beschlüssen des Landtages zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Flüchtlingen, und läutet damit eine flüchtlingspolitische Rückkehr in die 90er Jahre ein.

Hätte das Land Brandenburg dagegen rechtzeitig die finanzielle Bevorzugung der Sammelunterkünfte gesetzlich abgeschafft, den Beratungsschlüssel angehoben, die Mindeststandards qualitativ verbessert und gleichzeitig unter den verbesserten Bedingungen neue Unterbringungsmöglichkeiten gefördert, so könnte sowohl die Landesregierung, als auch die Landkreise heute deutlich besser auf die Zahl neu ankommender Flüchtlinge reagieren.

Gerade jetzt müssen daher qualitative Verbesserungen durchgesetzt und nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden. Denn es gilt zu verhindern, dass nun aus der vermeintlichen Notsituation ein neuer Status quo wird, der die schlechten Lebensbedingungen für Flüchtlinge auf Jahre hin zementiert. Es gilt zu verhindern, dass durch mangelhafte Standards und Langzeitverträge für ungeeignete Sammelunterkünfte gesellschaftliche Isolation, Gewalt in den Unterkünften, medizinische und rechtliche Unterversorgung, fehlende Privatsphäre und Missachtung von Bedürfnissen besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge zum Normalzustand werden.

In dieser Schwerpunktsitzung wollen wir anhand von Beispielen aus anderen Bundesländern gemeinsam überlegen, wie dieser Rückschritt in Brandenburg aufzuhalten und hin zu einer menschenwürdigen Aufnahme von Flüchtlingen umzukehren ist.

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