Seit ihrer Gründung im Jahre 1987 wurde die Deutsche Volksunion in entscheidendem Maße von ihrem Bundesvorsitzenden Dr. Gerhard Frey geprägt. Im Verfassungsschutzbericht des Bundes für 2007 (S. 94ff) heißt es, die Partei werde von Frey „zentralistisch und autokratisch geführt sowie weitestgehend finanziert“. Innerparteiliche Demokratie gebe es in der DVU kaum: „Frey legt … die ideologischen Positionen und Zielsetzungen der Partei fest, überwacht die wichtigeren personellen Vorgänge auch auf der Ebene der Landesverbände und entscheidet über die Teilnahme an Wahlen zu Landesparlamenten.“ Selbst den wenigen Mitgliedern des Bundesvorstands komme „fast nur eine Statistenrolle“ zu.
Nun hat der 75-jährige Verleger das Amt des Parteivorsitzenden aufgegeben. Auf dem Bundesparteitag in Calbe (Sachsen-Anhalt) am 11. Januar wurde der bisherige DVU-Bundesorganisationsleiter Matthias Faust (37) zu seinem Nachfolger gewählt. Andreas Speit wundert sich in seinem Bericht für den Internetdienst „Blick nach Rechts“ über die nüchterne Form der Verabschiedung „im schmucklosen Saal“: „Die DVU, die sich früher durchaus selbst inszeniert hatte, blieb diesmal eigenartig bescheiden“.
Konkrete Aussagen zur zukünftigen Rolle Freys in der DVU gibt es bisher nicht. Matthias Faust teilte lediglich mit: „Herr Frey wird uns weiterhin eng begleiten.“ Frey selbst erklärte auf dem Parteitag, er wolle weiterhin als Herausgeber der National-Zeitung arbeiten. Inwieweit der Multimillionär die DVU weiter finanziell unterstützen wird, ist bislang unklar.
Und wer ist Matthias Faust? Der neue Bundesvorsitzende war schon in vielen Parteien engagiert. Bereits als Jugendlicher trat er in die CDU ein. Anfang 2006 wechselte er zu den „Republikanern“. Schon Ende 2006 wurde er Mitglied der NPD. Dort geriet er in die innerparteilichen Auseinandersetzungen im Hamburger Landesverband. Seit Frühjahr 2007 ist Faust DVU-Mitglied. 2008 trat er als Spitzenkandidat bei den Hamburger Bürgerschaftswahlen an. Dabei machte er mit einem für DVU-Verhältnisse modernen Wahlkampf auf sich aufmerksam.
Auf der DVU-Homepage bekennt sich der neue Vorsitzende zur „demokratischen Rechten“. „Rechtsstaatlichkeit und Gewaltfreiheit“ seien für die DVU „selbstverständlich“. Die Partei werde „auch weiterhin ihren klaren und durch das Grundgesetz legitimierten Weg gehen“. Mit „allem Nachdruck“ lehne man „die politische Idee des Nationalsozialismus“ ab. Der „Versuch, die DVU in die Nähe neonazistischer Agitatoren zu rücken“ sei „haltlos“. „Der Nationalsozialismus“ sei „ein trauriger Teil der deutschen Geschichte, der nunmehr bald 65 Jahre zurückliegt“. Die DVU befasse „sich nicht mit der Aufbereitung oder Wiederauferstehung vergangener Unrechtsregime“, sondern stelle „sich den Herausforderungen von heute und morgen“.
Mit ähnlichen Formulierungen hat sich auch Gerhard Frey immer wieder zum Grundgesetz und zur NS-Vergangenheit positioniert. Wer gelegentlich die National-Zeitung liest oder sich Freys revisionistisches Verlagsprogramm anschaut, weiß, dass derartige Äußerungen kaum ernst zu nehmen sind. Unglaubwürdig sind diese Lippenbekenntnisse auch deshalb, weil die DVU mit neonazistischen Gruppen kooperiert. So finden z. B. auf dem Grundstück des DVU-Funktionärs Klaus Mann in Finowfurt (Barnim) regelmäßig Konzerte mit Neonazi-Bands statt (s. Verfassungschutzbericht Brandenburg für 2007, S. 45-47 u. 78). Am 20. September 2008 nahm der Hamburger Neonazi Christian Worch an einer Wahlkampfveranstaltung der DVU in Potsdam teil. Der Verfassungsschutz Brandenburg schreibt dazu in seiner Kommunalwahl-Analyse:
„Die Zusammenarbeit mit Worch kann ein Hinweis dafür sein, dass selbst die Bundesführung der DVU, die die Wahlkampfkundgebung in Potsdam organisierte, angesichts der mangelnden Erfolge in den letzen Jahren bereit ist, sich für die Wahlen 2009 eine breitere Basis an Wählern und logistischer Unterstützung auch um den Preis der Zusammenarbeit mit Neonationalsozialisten zu schaffen.“
Matthias Faust werden gute Kontakte sowohl zur NPD als auch zu parteiunabhängigen Nazis (wie Christian Worch) nachgesagt. Eines der ersten Interviews nach seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden gab Faust dem Naziportal Altermedia.
Welche konkreten Folgen der Führungswechsel für die weitere Entwicklung der DVU haben wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Zu erwarten ist eine noch stärkere Öffnung der DVU gegenüber dem neonazistischen Spektrum. Die Zusammenarbeit mit der NPD wird die DVU fortsetzen und intensivieren. Überlegungen zu einer Fusion beider Parteien bezeichnete Faust im Altermedia-Interview als „sicherlich sinnvoll und denkbar“. [
Links:
„Führungswechsel bei der DVU“ (redok-Artikel, 11.01.2009)
Andreas Speit: „Wir werden aktiver“ (kostenpflichtiger Bericht über den DVU-Parteitag, 12.01.2009)
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