Von Druiden und Wehrdörfern

Die Bundesanwaltschaft hat einen Mann verhaften lassen, der in Verdacht steht, eine rechtsterroristische Gruppe gegründet zu haben. Die Spuren des selbsternannten Druiden führen nach Brandenburg und in die rechtsextreme Siedlerbewegung.

In einem Asterix-Band würde er wohl den Namen Antisemitix tragen: Burghard B. bezeichnet sich selbst als „praktizierenden Menschenrechtler und keltischen Druiden“. Er trägt zu seinem langen weißen Bart oft ein weißes Gewand, ein Stirnband mit einem Stein daran und einen Wanderstab. Was zunächst nur etwas spleenig klingt, erweist sich bei genauerer Betrachtung alles andere als harmlos – und überhaupt nicht weise oder menschenfreundlich, so wie es das Bild eines Druiden vermitteln könnte. B., der sich auch Burgos Von-Buchonia nennt, ist ein fanatischer Hetzer. Seine Profile in sozialen Netzwerken bersten über vor Menschenverachtung.

„Mein Selbsterhaltungstrieb sagt mir, dass ich die Juden und Moslems vernichten muss, bevor diese meine Sippe oder meine Familie vernichten“ - das verkündet B. als Leitspruch auf seinem Profil in dem Netzwerk VK.com (das osteuropäische Gegenstück zu Facebook, auf das viele Rechtsextreme ausweichen, da hier ihre Hetze so gut nie sanktioniert wird). Bundespolitiker bezeichnet er dort als „Judenärsche und Judenzäpfchen“. Bei Facebook wurden einige seiner Einträge dennoch nicht gelöscht, obwohl Nutzer die Inhalte nach eigenen Angaben gemeldet hatten. Sein Profil ist bis heute einsehbar. Auch wurde B. schon mehrmals wegen seiner Hass-Tiraden angezeigt. Offenbar wurde er aber lange für einen harmlosen Spinner gehalten.

Festnahme in Brandenburg

Der „Druide“ B. stammt aus Baden-Württemberg, wurde aber in Brandenburg festgenommen – in Rietz-Neuendorf, wo laut Medienberichten seine Lebensgefährtin wohnt. Bei VK.com gibt der Rechtsextremist als Heimatstadt das nahegelegende Frankfurt/Oder an.  Erst vor Kurzem lud er zu einem Treffen nahe Frankfurt/Oder ein, das nun aber wohl ausfallen muss.

Denn zurzeit sitzt „Burgos“ in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm und fünf mutmaßlichen Komplizen vor, eine rechtsterroristische Vereinigung formiert zu haben. Die Mitglieder der Gruppe, die vorwiegend über soziale Netzwerke in Kontakt standen, sollen Anschläge auf Juden, Asylbewerber und Polizisten geplant haben. Ein siebter Verdächtiger soll ihnen geholfen haben. Bei den Durchsuchungen beschlagnahmten Polizisten Schusswaffen, Munition sowie Schwarzpulver. Den gewalttätigen Drohungen im Netz sollten offenbar Taten folgen. Wie konkret die mutmaßlichen Anschlagspläne tatsächlich waren, ist noch unklar.

Kontakte zu Reichsbürgern

Bemerkenswert ist aber, mit wie vielen Personen „Druide Burgos“ vernetzt ist - trotz seiner fanatischen Hetze, bzw. vielleicht gerade deswegen: Allein auf VK.com hat er mehr als 1.500 Freunde, auf Demonstrationen und Veranstaltungen tauchte er immer wieder auf, sei es bei den Protesten gegen die Bilderberger-Konferenz in Dresden, wo er an einem Stand von „Reichsbürgern“ fotografiert wurde, oder bei einem Prozess gegen die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel.

Auch zur rechtsextremen Siedlerbewegung scheint B. enge Kontakte zu unterhalten. So meldete er sich mehrmals auf der Seite eines braunen Bio-Bauernhofs in Sachsen-Anhalt zu Wort. Auf VK.com sollte auch ein Sommerfest auf diesem Hof organisiert werden, Druide B. schlug vor, bereits vor dem eigentlichen Fest dorthin zu fahren. Nicht die einzige Verbindung nach Sachsen-Anhalt, denn dort wohnte der „Druide“ im Sommer mit seiner Lebensgefährtin aus Brandenburg auf einem Camping-Platz.

Wehrdorf geplant

Rechtsextreme Siedler sind ein Phänomen, das immer wieder auftaucht, sich aber nur schwer quantifizieren lässt: So werden gezielt Höfe gekauft, auf denen die Rechtsextremen ihre völkischen Vorstellungen leben wollen – Umwelt- und Heimatschutz gehen hier Hand in Hand. Auch der „Druide“ scheint an weiteren Siedlungsprojekten zumindest interessiert. So ist er auf VK.com Mitglied der Gruppe „Siedlungsprojekt“ sowie in einer „Überlebensgruppe“, wo antisemitische Karikaturen und Vorratslisten verbreitet werden.

Aus zahlreichen Einträgen des „Druiden“ und anderen Rechtsradikalen wird deutlich: Man bereitet sich auf einen Bürgerkrieg vor. Dazu passt es, dass der „Deutsche Widerstand“ - offenkundig eine rechtsterroristische Zelle - dazu aufruft, ein „Wehrdorf“ zu gründen. Dieses Konzept ist aus dem Nationalsozialismus bekannt: Die deutschen Besatzer hatten in eroberten Gebieten in Osteuropa solche befestigten Siedlungen aufgebaut und auch die gesamte Landschaftsplanung sollte militärischen Kriterien unterworfen werden.

Die Planungen für das „Wehrdorf Kassel“ sollen angeblich bereits fortgeschritten sein, so meldete der „Deutsche Widerstand“ im August 2016, die „Rekrutierung“ für das „Wehrdorf Kassel“ solle eingestellt werden. Hintergrund: Das Projekt sei „voll besetzt und es gibt sogar eine "Warteliste" mit geprüften und geeigneten Bewerbern. Allenfalls hochqualifizierte Bewerber aus den Bereichen Wachschutz (NUR mit Erweiterung Wert- Personenschutz) Kampfsport und dem Militär finden natürlich noch Aufnahme.“ Interessierte werden auf ein „nationales Wohn- und Wehrprojekt im Osten“ hingewiesen, das noch „engagierte Personen“ aufnehme. Ansprechpartner werden allerdings nicht direkt genannt, die Kommunikation läuft über eine „Infokette“.

Rechtsterroristischer Sumpf

Die Szene rüstet auf. Der verbalen Radikalisierung folgen nun konkrete Schritte, um sich mit fanatischen Gleichgesinnten zusammenzuschließen und einen bewaffneten Kampf vorzubereiten – so wie es der „Druide Burgos“ immer wieder gefordert hat. Dazu gehört auch das Konzept der „Wehrdörfer“, die als Basis für solche Gruppen dienen sollen. Inwieweit solche Projekte auch in Brandenburg geplant sind, ist unklar. Die Landesregierung hatte 2015 auf Anfrage der Grünen mitgeteilt, bislang seien keine rechtsextremen Siedlungen bekannt. Die Vernetzung der verschiedenen Gruppen deutet aber darauf hin, dass mittlerweile neue Projekte geplant werden könnten.

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Patrick Gensing ist Blogger, Journalist und Nachrichtenredakteur. Für die Netzinitiative publikative.org – eine Seite, die zunächst als NPD-Watchblog bekannt wurde, wurde er mehrfach ausgezeichnet. Er schreibt zu Fachthemen wie Antisemitismus, Medien, Rechtspopulismus und -extremismus.

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Wenn man in einer Stadt wie Berlin der Meinung ist, sich aufregen zu müssen über eine ganz bestimmte Geschichte, dann ist es relativ einfach, Freitagabend in die S-Bahn oder aufs Fahrrad zu steigen, drei Kieze weiter zu fahren, sich an einer Demo zu beteiligen. Vielleicht sich noch für eine Blockade auf die Straße zu setzen, danach wieder in seinen Kiez zurückzufahren, sich mit seinen Nachbarn darüber zu freuen, was man alles gemacht hat. Dann ist die Sache erledigt.

Je kleiner aber der Sozialraum ist, desto weniger geht das. Da muss man nämlich mit Menschen umgehen, konkret. Und das ist ein anderer Umgang, als wenn man sich mit einem politischen Phänomen auseinandersetzt."  Hartmut Gutsche, Leiter des Regionalzentrums Stralsund der Evangelischen Akademie der Nordkirche

Ein lesens- und hörenswerter Beitrag im Deutschlandradio Kultur zur völkischen Siedlerbewegung. Der Bio-Nazi von nebenan (21.02.2017)

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