"NoNPD" heißt die Kampagne der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). 102 738 Menschen haben bislang (Stand: 28.07.2007) den Aufruf unterschrieben, in dem der Bundestag aufgefordert wird, ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD einzuleiten. Zu den Erstunterzeichnern zählen Ludwig Baumann (Wehrmachtsdeserteur), Esther Bejarano, Fritz Bringmann, Kurt Goldstein (KZ-Überlebende), Detlef Garbe (Leiter der Gedenkstätte Neuengamme), Andreas Nachama (Direktor der Stiftung Topographie des Terrors) sowie Romani Rose (Vorsitzender des Zentralrats der Deutschen Sinti und Roma). Unterschrieben haben auch zahlreiche Prominente wie Artur Brauner, Hannelore Elsner, Peter Sodann, Täve Schur und Hannes Wader. Die Kampagne wird zudem von Gewerkschaften und anderen Organisationen unterstützt. Weitere Informationen finden Sie auf der NoNPD-Homepage.
Aber ein Verbotsverfahren ist doch erst vor wenigen Jahren gescheitert. Ist es denn überhaupt vorstellbar, dass sich das Bundesverfassungsgericht nun für ein Verbot entscheiden könnte?
Hierzu ist festzustellen, dass im Jahre 2003 gar keine Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit der NPD getroffen wurde. Vielmehr lehnte das Bundesverfassungsgericht die Fortsetzung des Verfahrens ab, weil sich herausstellte, dass Vorstandsmitglieder der Partei für den Verfassungsschutz tätig waren. Das Gericht könne nicht beurteilen, inwieweit diese V-Leute Einfluss auf die Politik der Partei gehabt hätten. In der Begründung des Beschlusses heißt es jedoch ausdrücklich, dass „keine abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit künftiger Verbotsanträge“ getroffen werde. Neue Anträge blieben vielmehr „ohne Weiteres möglich“.
Anfang 2005 haben sowohl der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, als auch sein Stellvertreter Winfried Hassemer nochmals klargestellt, dass ein neuer Verbotsantrag grundsätzlich möglich ist. Dass sich amtierende Verfassungsrichter in die aktuelle politische Debatte einmischen, ist durchaus ungewöhnlich und wurde von einigen Kommentatoren als „Einladung an die Politik“ verstanden.
Allerdings müsste vor einem neuen Verbotsantrag das Problem mit den V-Leuten gelöst werden. Der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann (SPD), meint dazu:
„Wir brauchen eine verfassungspolitische Diskussion, welche Mittel der Staat zur Abwehr der Gefahr von rechts einsetzen muss und darf und wie der Zugang zu diesen Mitteln eröffnet werden kann. Dabei könnte es zum Beispiel um eine ausdrückliche Erlaubnis zur Überwachung rechtsextremer Parteien im Grundgesetz gehen und/oder um eine Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes, um die bisherige Zwei-Drittel-Mehrheit für Verfahrensbeschlüsse gegen rechtsextreme Parteien abzusenken.“
Diese Vorschläge sind nun allerdings – wenn Sie meine Meinung hören wollen – schon etwas seltsam. Aus der Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht wird gefolgert, man müsse nur die entsprechenden Gesetze ändern, damit das Gericht dann im zweiten Anlauf so entscheidet, wie man es gerne hätte. Hat ein souveräner Rechtsstaat das nötig?
Eine bessere Lösung wäre sicherlich der Abzug der V-Leute aus den Führungsgremien der NPD. Auf der NoNPD-Site wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beobachtung der Partei dann keineswegs eingestellt werden muss: „Observationen, Fotos und vor allem die Auswertung offener Quellen bleiben unberührt und sind für den Nachweis der Verfassungswidrigkeit völlig ausreichend.“ Fachleute sehen den Einsatz von V-Leuten ohnehin kritisch. In einer Publikation des Antifaschistischen Pressearchivs Berlin wird ein weit verbreiteter Irrtum über V-Leute korrigiert: „Sie sind keine eingeschleusten Agenten des Staates, sondern lediglich Informanten, die sich gegen Geld oder andere Versprechungen dazu bereit gefunden haben.“ Weiter heißt es:
„Vieles kann an der V-Mann-Praxis kritisiert werden, doch eine Steuerung der NPD von außen hat es nie gegeben – tatsächlich war es oft umgekehrt: Die V-Leute benutzten den Verfassungsschutz und finanzierten mit den bezahlten staatlichen Honoraren ihre Parteiarbeit. Durch das geplatzte Verbotsverfahren wurde bekannt, dass die NPD über etliche V-Leute längst Bescheid wusste und einige sogar die Informationen, die sie an die Behörden lieferten, vom Parteivorstand genehmigen ließen.“
Quellen:
Die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts können Sie im Detail auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts nachvollziehen. Den vollständigen Text des Beschlusses zur Einstellung des Verbotsverfahrens (27 Seiten) finden Sie hier, die Zusammenfassung in einer Presseerklärung (6 Seiten) hier.
Der Artikel von Hans-Jürgen Papier in der „Bild am Sonntag“ (30.01.2005) und das Interview mit Winfried Hassemer im „Spiegel“ (31.01.2005) sind online nicht mehr kostenlos zu lesen. Hier ein zusammenfassender Artikel aus dem Internetangebot der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Holger Hövelmann: Die Zeit ist reif. Für ein NPD-Verbot (Bundeszentrale für politische Bildung)
Antifaschistisches Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin e. V.: Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD). Eine Handreichung zu Programm, Struktur, Personal und Hintergründen (PDF, 8 Seiten)
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