Kaum ein Staatsverbrechen mit Ausnahme der Shoah ist so gut dokumentiert wie der Völkermord an den Armeniern. Die mit zweifelsfreier Gewissheit 2015 von Bundestagspräsident Norbert Lammert vorgetragene Aussage »Das, was mitten im Ersten Weltkrieg im Osmanischen Reich stattgefunden hat, unter den Augen der Weltöffentlichkeit, war ein Völkermord« kann sich nicht nur auf eine eindeutige Mehrheitsmeinung unter internationalen Historikern berufen. Sie ist im Prinzip seit spätestens Anfang Juli 1915 deutsches Regierungswissen und wurde 2016 durch eine Resolution des Parlaments bekräftigt.
Wie lassen sich die Ereignisse von 1915/16 in ein gesamteuropäisches Geschichtsbild einordnen? Wie verändern sie unser Bild vom Ersten Weltkrieg als »Urkatastrophe« des Jahrhunderts? Was waren die ideologischen, institutionellen und mentalen Voraussetzungen für dieses Menschheitsverbrechen? Wie lassen sich dessen Verlauf und dessen Radikalisierung angemessen beschreiben? Welche Konsequenzen hatte der Völkermord an den Armeniern für die Nachkriegsgeschichte, insbesondere für die Entwicklung des internationalen Rechts?
Sönke Neitzel diskutiert mit Rolf Hosfeld über dessen Buch »Tod in der Wüste. Der Völkermord an den Armeniern« (München: C.H. Beck 2015), das die Frankfurter Allgemeine Zeitung als eine kompakt und dicht verfasste »vorzügliche Gesamtdarstellung« auf dem neuesten Stand der historiographischen Forschung bezeichnete.
Rolf Hosfeld ist Leiter des Lepsiushauses Potsdam und Autor zahlreicher Bücher zu kultur- und zeitgeschichtlichen Themen.
Sönke Neitzel ist Historiker und Professor für Militärgeschichte / Kulturgeschichte der Gewalt an der Universität Potsdam.
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