Linksextreme Parteien

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es vier offen linksextremistische Parteien. Sie alle sind im deutschen Parteiensystem, bei Wahlen und in der öffentlichen Debatte nahezu bedeutungslos.

Illustration mit einem Mann am Rednerpult. Im Hintergrund Köpfe der führenden Theoretiker des Marxismus-Leninismus
© Gregory Gilbert-Lodge

In der Bundesrepublik Deutschland existieren zurzeit vier offen linksextremistische Parteien: die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) und die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP). Sie alle sind im deutschen Parteiensystem, bei Wahlen und in der öffentlichen Debatte nahezu bedeutungslos. Keine erhielt bei einer bundesweiten Wahl seit 1990 mehr als 0,1 Prozent der Wählerstimmen; bei der Bundestagswahl 2021 noch nicht einmal das.

Bei Landtagswahlen sieht es nur unwesentlich anders aus. Hier erzielte die MLPD ihr Rekordergebnis 2006 in Sachsen-Anhalt mit 0,4 Prozent, die DKP ihres mit jeweils 0,2 Prozent in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern (2016) sowie in Brandenburg (2014), die SGP mit jeweils 0,1 Prozent bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 und 2016. Die KPD nimmt nur sporadisch an Wahlen teil, bei Bundestagswahlen seit 2002 gar nicht. Zuletzt beteiligte sie sich an der Landtagswahl in Sachsen 2019. Offen wurde im Wahlkampf um Unterstützung mit dem Argument geworben, sonst den Parteienstatus zu verlieren.

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Wahlergebnisse bei Bundestagswahlen

Die DKP ist die älteste linksextreme Partei in Deutschland. Sie wurde 1968 formal neu gegründet, knüpfte allerdings ideologisch und personell an die 1956 verbotene KPD an. Bis zur Wiedervereinigung war sie eng mit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) in der DDR verbunden. Ohne die finanzielle Unterstützung aus Ostberlin geriet die DKP nach dem Fall der Mauer in eine tiefe Krise. Die Mitgliederzahl sank von bis zu 40.000 in den 1970er und 1980er Jahren auf gegenwärtig 2850.

Bei der MLPD verhält es sich tendenziell umgekehrt. Im Jahr 1982 gegründet, konnte sie ihre Anhängerschaft beständig vergrößern und erreichte 2019 den Höchststand von momentan 2.800 Mitgliedern. Finanzielle Unterstützung erhielt sie durch mehrere private Großspenden in Millionenhöhe.

KPD und SGP verfügen dagegen kaum über Ressourcen und nur wenige hundert Mitglieder. Die wiedergegründete KPD spaltete sich Anfang 1990 in Reaktion auf den Reformkurs der SED-PDS von dieser ab. Die SGP formierte sich 1997 aus der trotzkistischen Partei für Soziale Gleichheit (PSG).

Systemwechsel als Ziel

Ideologisch orientieren sich alle vier Parteien am orthodoxen Marxismus-Leninismus, der einen Systemwechsel hin zu einer „Diktatur des Proletariats“ zum Ziel hat. So soll die Wirtschaft verstaatlicht und in den Kollektivbesitz der Arbeiterklasse überführt werden. Als Feindbilder dienen der vermeintlich bürgerliche Staat beziehungsweise dessen Repräsentanten und seine als ausbeuterisch aufgefasste kapitalistische Wirtschaftsordnung – die wiederum die Vorläufer eines faschistischen Staates seien. Entsprechend wird die Demokratie der Bundesrepublik als wesensverwandt mit dem Faschismus herabgewürdigt.

Hinter dem gemeinsamen Band von Antikapitalismus und Antifaschismus verbergen sich jedoch scharfe Differenzen. Ein Konfliktfeld stellen die historischen Vorbilder dar. Die DKP sieht sich in einer Traditionslinie zu Karl Marx, Friedrich Engels und dem russischen Revolutionsführer Lenin. Anders als die MLPD und die KPD lehnt die DKP aber einen Bezug zum sowjetischen Diktator Stalin ab. Der trotzkistischen SGP gilt der Stalinismus als Verrat an der kommunistischen Idee des Internationalismus und einer sozialistischen Weltrevolution.

Weitere Unterschiede gibt es in der Haltung zum Realsozialismus in der DDR. Stellt dieser für die DKP und die KPD bis heute ein Vorbild dar, gilt er in der MLPD als Verrat am wahren Sozialismus in der Zeit des Stalinismus. Die SGP wiederum betrachtet die sozialistischen Staaten des Ostblocks als Abkehr vom Gedanken des Internationalismus.

Faktenbox:

  • Die linksextremistischen Parteien DKP, KPD, MLPD und SGP sind in Deutschland politisch weitgehend bedeutungslos.
     
  • Keine der vier Parteien konnte bei Bundes- oder Landtagswahlen annähernd ein Prozent der Wählerstimmen erzielen.
     
  • Ideologisch orientieren sie sich am klassischen Marxismus-Leninismus mit dem Ziel einer klassenlosen sozialistischen Gesellschaft.
     
  • Die Demokratie und die soziale Marktwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland werden als faschistisch-kapitalistische Systeme aufgefasst und abgelehnt.
     
  • Unterschiede zwischen den Parteien lassen sich bei der Bewertung des Stalinismus und  bei der Sicht auf die sozialistischen Regime vor 1989/90 ausmachen.

Lesetipp

Tom Mannewitz, Tom Thieme

Gegen das System

Die Autoren analysieren wie es um den gegenwärtigen Linksextremismus in Deutschland bestellt ist. Sie beschreiben an Beispielen, wann aus einer linken demokratischen Position eine extremistische wird.

Prof. Dr. Tom Thieme, März 2022.
Der Autor ist Professor für Gesellschaftspolitische Bildung an der Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) in Rothenburg/O.L.
 

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