In den Punkten 4.), 5.) und 7.) des "25-Punkte-Programm der NSDAP" aus dem Jahr 1920 wird folgendes festgelegt:
4. Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.
5. Wer nicht Staatsbürger ist, soll nur als Gast in Deutschland leben können und muß unter Fremdengesetzgebung stehen.[...]
7. Wir fordern, daß sich der Staat verpflichtet, in erster Line für die Erwerbs- und Lebensmöglichkeit der Staatsbürger zu sorgen. Wenn es nicht möglich ist, die Gesamtbevölkerung des Staates zu ernähren, so sind die Angehörigen fremder Nationen (Nicht-Staatsbürger) aus dem Reiche auszuweisen.
Gottfried Feder: Das Programm der NSDAP und seine weltanschaulichen Grundannahmen (= Nationalsozialistische Bibliothek, Heft 1). München(25-40) 1930. S. 20.
Auch das "Aktionsprogramm für ein besseres Deutschland" der NPD teilt die Auffassung, dass "das Volk" eine Gemeinschaft auf Grundlage "gemeinsamer Abstammung" sei. "Das Eindringen zu vieler Fremder" zerstöre die Gemeinschaft. "Ausländische Gäste" seien willkommen, "doch Ausländer ohne Arbeitserlaubnis haben Deutschland nach längstens dreimonatigem Aufenthalt unverzüglich zu verlassen."
Arbeit sei nur dann an "Ausländer" zu vergeben, "wenn keine gleichqualifizierten deutschen Arbeitskräfte zur Verfügung stehen". In Deutschland lebende und beschäftigte "Ausländer" seien "sofort" aus dem Sozial- und Rentenversicherungssystem auszugliedern.[1] "Die NPD setzt sich daher für die humane Rückführung der Ausländer in ihre Heimat und bevorzugte Einstellung deutscher Arbeitskräfte ein."[2]
NPD:
Aus sozialer Gerechtigkeit und dem Solidarprinzip erwächst die ethnisch homogene Volksgemeinschaft. Sozialpolitik bedeutet nach unserer Auffassung die Solidarität des Volkes mit seinen Angehörigen. Sie muß die Geborgenheit des Einzelnen in der Gemeinschaft sichern.
NPD-Parteivorstand (Hrsg.): Aktionsprogramm. A. a. O. S. 14.
NSDAP:
Erst im Dienst der Allgemeinheit, erst als dienendes Glied im Rahmen des Volksganzen, erwacht der einzelne zu höherem Leben, erst so wird er - jeder an seinem Platze - wahrhaftig eingegliedert in die höhere Ganzheit seines Volkes, erst so begriffen, gewinnt der echte Sozialismus = der Gemeinsinn, wahres Leben. Nur unter der Herrschaft dieses Grundgedankens wird der einzelne ein Gefühl der Geborgenheit gewinnen ...
Gottfried Feder: Programm der NSDAP. A. a. O. S. 29.
Häufig ist aus rechtsextremer Perspektive zu hören, "Ausländer" würden besser behandelt und mehr finanzielle Unterstützung vom Staat beziehen als Deutsche. Tatsächlich haben EU-Bürger/innen und Migrant/innen mit befristeter Aufenthaltserlaubnis oder unbefristeter Niederlassungserlaubnis Anspruch auf die Regelleistungen des ALG I und II, sofern die gesetzlichen Bedingungen erfüllt sind, die auch für Bundesbürger gelten. Ausgeschlossen sind Personen, die unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Die Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) sehen vor allem Sachleistungen (Miete, Grundbedarf) vor, daneben kleinere "Taschengelder".
Auch seien "Ausländer" die Verursacher der Massenarbeitslosigkeit. So schriebt bspw. das NPD-Organ Deutsche Stimme im Juli 2006: "Die Abschottung des Arbeitsmarktes und die Ausweisung ausländischer Arbeitsplatzkonkurrenten und Sozialschnorrer wäre deshalb einer der wirksamsten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen überhaupt." Solche Stellungnahmen reduzieren äußert komplexe wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge auf einen "Sündenbock" ("die Ausländer"), der an allem Schuld sie. Es gelte, die "Ausländerfrage" zu lösen, um die sozialen Probleme im Lande in den Griff zu bekommen.
Außer Acht gelassen werden hierbei Fragen nach den tatsächlichen Mechanismen - in diesem Fall bspw. - des Arbeitsmarktes, so etwa, welche Bedeutung internationale Investoren für den bundesdeutschen Arbeitsmarkt haben, welche Rolle strukturellen regionalen und internationalen Veränderungen zukommt usw. Daher wird an Äußerungen wie der zitierten aus der Deutschen Stimme nicht allein deutlich, in welchem Maße vereinfachende Denkmuster zugrunde liegen - solche Erklärungen müssen zu kurz greifen. Vielmehr zeigt sich an ihnen der irrationale Kern rechtsextremer Ideologien, der in einer wahnhaften Projektion rassische, ethnische und / oder kulturelle Homogenität zum Gradmesser für Wohlbefinden und Unwohlsein macht, auch in ganz konkreten politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen.
Erhellend ist der Gebrauch der Vokabel "Geborgenheit" in und durch die "Volksgemeinschaft" sowohl im "Aktionsprogramm" der NPD als auch in Gottfried Feders Kommentar zum "25-Punkte-Programm der NSDAP" (s. o. S. XX). Geborgenheit ist ein zutiefst subjektives, d. h. individuelles Empfinden des Einzelnen. Solchermaßen ist es auf beiden Ebenen irrational: der konkreten Ebene, die Geborgenheit zum Maßstab für politische Entscheidungen machen will.
Gestritten wird dann freilich nicht mehr darüber, welche politischen Instrumente etwa in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik im Rahmen eines gegebenen Haushaltes geeignet oder angemessen sind. (Demokratisches Prozedere - der Parteienstreit - wird tatsächlich als die nationale Harmonie störendes Gezänk und die Frage nach dem Finanzhaushalt bspw. für die Sozialpolitik als technokratisch, als kalt und als unmenschlich beschrieben). Auf der anderen Ebene wird Geborgenheit in der Behauptung rassischer, ethnischer oder kultureller Homogenität an ein seinerseits hoch irrationales Konstrukt gebunden, das menschliche Gemeinschaften mit individuellen Merkmalen ausstattet.
Daher konstituiert sich die Volksgemeinschaft wesentlich entlang des Unbehagen und Unwohlsein auslösenden Anderen - "des Juden" oder "des Ausländers". Denn wo "Sozialpolitik [...] die Solidarität des Volkes mit seinen Angehörigen" bedeutet und "die Geborgenheit des Einzelnen in der Gemeinschaft sichern" muss (NPD), sind all jene, die nicht zu den "Angehörigen des Volkes" gezählt werden, zentrale Faktoren für die subjektiven Gefühle von Unsicherheit und Unbehagen.
Die grundlegenden ideologischen Vorstellungen etwa der NPD zu akzeptieren, heißt, Vorurteile und Ressentiments zu handlungsleitenden Prinzipien politischen Handelns zu erheben. Es heißt darüber hinaus, wie sich in der Gegenüberstellung zeigt, ein hohes Maß an Verwandtschaft, wenn nicht an Wesensgleichheit zu zentralen nationalsozialistischen Vorstellungen hinzunehmen, und so letztlich nationalsozialistisches Denken zu rehabilitieren.
Grenziehungen: Die Bundesrepublik Deutschland
Selbstverständlich lehnen Rechtsextremisten häufig die bestehenden Grenzen der Bundesrepublik ab. Meist liegt ihren Vorstellungen die Landkarte des Jahres 1937 zugrunde, das Deutsche Reich mit seinen östlichen Grenzen entlang der Landschaftsgrenzen Pommerns, der Kurmark, Nieder- und Oberschlesiens, Sachsens und Bayerns, zuzüglich der von Ostpreußen und der Freien Reichsstadt Danzig gebildeten Exklave. Im Süden wurde Österreich im März 1938 "angeschlossen", im Osten folgte im November 1938 das Sudetenland, und im März 1939 wurde das Protektorat Böhmen und Mähren errichtet.
Selten machen Rechtsextremisten/innen auch Gebietsgewinne während der ersten Jahre des Zweiten Weltkriegs geltend, also etwa nach dem Überfall auf Polen im September 1939. Exemplarisch sei die Wolgaster Neonazi-Band "Die Liebenfels Kapelle" zitiert:
Sie wollen uns erzählen, dass Breslau in Polen liegt
ich sage, das ist eine Lüge, die mächtig zum Himmel stinkt
kein Abkommen, kein Vertrag wird uns je die Heimat nehmen
also Lolek und Bolek, vorbei ist es mit dem Elsterleben
Denn Deutschland bleibt Deutschland, nicht Zone, nicht Kolonie
Kolberg bleibt deutsche Heimat, polnisch war es nie
auch wenn heute Schlagbäume an der Neiße steh'n
wird in Königsberg bald wieder deutsches Banner hoch im Winde weh'n
Die Liebenfels Kapelle: Deutschland bleibt Deutschland (auf: 11. September. Front Records 2005)
Einen Hinweis, dass rechtextreme Kritik an der Bundesrepublik nicht Halt macht an den Landesgrenzen, gibt die Textzeile, "Deutschland bleibt Deutschland, nicht Zone, nicht Kolonie". Der Begriff "Zone" verweist auf die Besatzungszonen, in die das Deutsche Reich 1945 von den alliierten Siegern aufgeteilt wurde, und "Kolonie" gehört in diesem Zusammenhang ins antiimperialistische Vokabular.
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