
Hartmut Richter verweigerte bereits als Schüler die Zusammenarbeit mit der SED. Er lehnte es ab, seinem Pionierleiter über seine Mitschüler Bericht zu erstatten oder der FDJ beizutreten. Als Dreizehnjähriger beobachtete er den Mauerbau in der Bernauer Straße. Kurz vor dem Abitur versuchte er als 18-Jähriger, im Januar 1966 über die tschechisch-österreichische Grenze in den Westen zu gelangen. Doch der Fluchtversuch scheiterte. Ein erneuter Fluchtversuch Ende August 1966 gelingt: Hartmut Richter schwimmt bei Dreilinden durch den Teltowkanal nach West-Berlin, lange muss er dabei im Wasser ausharren.
Die Fluchterfahrung prägt ihn sein ganzes Leben. In West-Berlin angekommen, begann er zunächst Freunde und Verwandte aus der DDR herauszuholen. Auf den Transitstrecken zwischen Westdeutschland und Berlin gelangen 33 Menschen mit seiner Hilfe in den Westen, bis ein Kontrollposten 1975 seine Schwester im Kofferraum seines Autos entdeckte. Das Bezirksgericht Potsdam verurteilte ihn unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu 15 Jahren Gefängnis, von denen er fünf verbüßte, bevor er von der Bundesrepublik freigekauft wurde.
In West-Berlin engagierte er sich bei der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte und warf Flugblätter über die Mauer. Heute arbeitet Richter für die „Vereinigung der Opfer des Stalinismus", hält Vorträge und begleitet Schüler- und Besuchergruppen in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Für seine Arbeit als Fluchthelfer erhielt er 2012 das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Hartmut Richter führt uns von der Bushaltestelle Stolper Weg in 14532 Kleinmachnow zu der Stelle, an der er 1966 durch den Teltowkanal nach Westberlin geschwommen ist und erzählt seine Geschichte. Während unserer Führung sind Sie herzlich eingeladen, mit dem Mauerflüchtling und späteren Fluchthelfer ins Gespräch zu kommen und Ihre Fragen beantworten zu lassen.
Teilen auf
Neuen Kommentar hinzufügen