Vor 20 Jahren – genau am 25. Januar 1992 – wurde in Königs Wusterhausen der Bund ehrenamtlicher Richterinnen und Richter gegründet. In seinem Gründungsaufruf hob der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe die Wichtigkeit der Mitwirkung von Laienrichtern an der Rechtsprechung hervor als im Grundgesetz verbrieftes Demokratieprinzip.
„Schöffen schaffen Demokratie und Recht“ war das wegweisende Motto der Gründungsveranstaltung, die vom Landesbüro Brandenburg der Friedrich-Ebert-Stiftung organisiert worden war. Und Justizminister Hans-Otto Bräutigam wies damals in seinem Grußwort auf die bedeutende Stellung der nach der Wende neu gewählten ehrenamtlichen Richterinnen und Richter für den Aufbau des Rechtsstaates in den neuen Bundesländern hin. Ihre Urteile „im Namen des Volkes“ konnten sie nunmehr als unabhängige und nur dem Gesetz unterworfene Richter, frei von Ideologie und parteipolitischen Einflüssen, sprechen.
Zwanzig Jahre später scheint aber diese für Laien-und Berufsrichter gleichermaßen geltende Unabhängigkeit in Frage gestellt zu sein. Aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum ist eine Erscheinung zu uns gekommen, die zusammengefasst wird unter dem Begriff Litigation-PR (dt.„Öffentlichkeitsarbeit im Rechtsstreit“). Dahinter verbirgt sich eine „strategische Rechtskommunikation“, die mittels Medien die öffentliche Meinung beeinflussen und damit letztendlich Druck auf das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung ausüben will.
Prozessuale Auseinandersetzungen spielen sich dabei vor allem außerhalb des Gerichtssaales, im medialen Raum, ab. Besonders zu beobachten war dies in jüngster Zeit bei Verfahren mit prominenten Beteiligten. In seiner Berichterstattung über einen dieser Prozesse scheute sich ein großes deutsches Boulevard-Blatt nicht, Schöffen, die nicht in das Gerichtsverfahren eingebunden waren, um ihr Urteil zu bitten aufgrund von Kenntnissen, die sie nur aus den Medien haben konnten.
Das Ganze wurde spektakulär auf einer Zeitungsseite veröffentlicht, um damit einen Pseudo-Gerichtsanspruch zu erhalten. Die Auseinandersetzung von Berufsjuristen, Kommunikationsfachleuten und Journalisten mit den Möglichkeiten und Auswirkungen der Litigation-PR läuft noch nicht sehr lange. Auch die ehrenamtlichen Richter müssen sich der Frage stellen, inwieweit sie sich in ihrer Urteilsfindung unabhängig machen können von öffentlich geführten Debatten über Schuld oder Unschuld von Angeklagten.
Unbestritten ist jedoch – wie empirische Studien zeigen –, dass dieser Einfluss von Medienberichterstattung auf die Akteure im Gerichtssaal bereits besteht.
Teilen auf
Neuen Kommentar hinzufügen