Das Problem von Gegenargumenten und die „Macht der Frage“

Wie gesagt: „Rechte“ wollen sich nicht überzeugen lassen. Engagiert und oft ungewollt belehrend vorgetragene Gegenargumente führen oft zu einer Verhärtung von Positionen, die aufeinander prallen, ohne Nachdenken zu bewirken.

Dazu kommt: „Rechte“, z.B. rassistische bzw. ausländerfeindliche Parolen verkürzen komplexe Themen oder Probleme schlagwortartig und auf Kosten von Menschengruppen, gegen die in der Gesellschaft ohnehin verbreitete Vorbehalte bestehen (Beispiel: die nicht nur von Rechtsextremisten immer wieder beschworene „extrem hohe Ausländerkriminalität“), und bieten dafür entsprechend ausgrenzende vermeintliche „Lösungen“ an – und gerade das macht sie für viele Menschen attraktiv.

Bessere, gleichfalls einfache Problemlösungen oder schlagwortartige „Gegenparolen“ sind in der Regel seriös nicht zu vertreten bzw. werden dieser Komplexität nicht gerecht, durchaus aber kritisches Nachfragen oder das Ansprechen gegenläufiger Gesichtspunkte, um simple Schwarz-Weiß-Muster „anzukratzen“. Für mein Gegenüber kann es irritierender sein, wenn ich auf eine negativ pauschalisierende Aussage über „Ausländer“ (etwa: „Die leben auf unsere Kosten!“) zunächst frage, von welchem Menschen er eigentlich genau redet, anstatt mich sofort einer Widerlegung zu widmen. (Letzteres ist meistens auch eine viel anstrengendere Rolle.)

Deshalb ist eine fragende Haltung und Gesprächsführung gegenüber „rechten“ Äußerungen in der Regel hilfreicher als das Sich-Einlassen auf einen argumentativen Schlagaustausch – jedenfalls wenn es mir um die Initiierung von Nachdenken und nicht zum Beispiel um das Grenzen setzen gegenüber einem rechtsextremen Demagogen geht. Diese Grundhaltung kann „neugierig-neutral“, wie Eckart Osborg es in seinem Ansatz der „subversiven Verunsicherungspädagogik“ gegenüber „rechten“ Jugendlichen empfiehlt, oder auch konfrontativ-kritisch sein – das würde ich von der konkreten Situation und dem Verhältnis zu meinem Gegenüber abhängig machen.

In beiden Fällen geht es aber darum, mein Gegenüber zu veranlassen, sich zu erklären, und durch in der Sache kritisches Nachfragen Widersprüche innerhalb rechtsextremer Ideologieelemente und Argumentationen offen zu legen.

Rainer Spangenberg, 2008

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