"Nicht für jedes Ding gibt es ein Wort", so vermeldet Das große Wörterbuch der slowenischen Sprache. Der noch junge EU-Staat, der nach Deutschland und Portugal 2008 die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen wird, hat sich nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes bald als Musterschüler der Europäischen Gemeinschaft erwiesen. Gesellschaftliche Offenheit und ein reiches Kulturleben, wirtschaftlicher Aufschwung und die Einführung des Euro wecken Neugier und Interesse für den gesellschaftlichen Neubeginn. In unserem 12. Literaturgespräch reisen wir mit zwei Autoren nach Südosteuropa, die uns Slowenien auf ganz unterschiedliche Weise näher bringen. Ales Steger ist in vielen Sprachen und Ländern zu Hause. Sein Buch der Dinge ist ein Buch der Rede. Wie seine streng gebauten, leichtfüßigen Texte zeigen, haben wir schon das Selbstverständliche nie richtig kennen gelernt: Büroklammer, Seife, Zahnstocher, Regenschirm, Hut und Fußmatte. Bei ihm ergreifen die Dinge selbst das Wort. Und Ales Steger als Verleger und Autor stellt Fragen, die zu groß sind für die kleinen Dinge. Suzana Tratnik beschreibt in ihrem Buch das Lebensgefühl einer jungen Generation. Es geht um Grenzverschiebungen und Grenzüberschreitungen. Dabei ist der Protagonist Damian in einem engen Korsett von Schichtzugehörigkeit und Geschlecht am freien Atmen gehindert. Mit abgründigem Humor und härtester Selbstironie öffnet er uns sein Inneres, lässt uns seine Gefühle und Lebensbedingungen miterleben. Mit abgebrochener Schul- und Berufsausbildung, hochintelligent, begabt, sensibel, aber halt- und chancenlos könnte er in jedem Land Europas mit Eltern und Gesellschaft in Konflikt geraten. Ales Steger und Suzana Tratnik führen uns ein Europa vor Augen, das auch mit dem Band der Literatur zusammenwächst. Zu diesem Gespräch laden wir Sie herzlich ein.
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