Knastware für den Klassenfeind

Staatssicherheit und Häftlingsarbeit in der DDR

Veranstaltungsreihe „Menschen unter Diktaturen“

Als vor etwa drei Jahren bekannt wurde, dass DDR-Häftlinge, darunter auch politische Gefangene, für den schwedischen Möbelbauer Ikea arbeiten mussten, war das Ausmaß der Häftlingsarbeit in der DDR keinesfalls bekannt.

Mit diesem Thema befasst sich der Vortrag von Dr. Tobias Wunschik. In seiner umfassenden Studie über den Ost-West-Handel der DDR hat er gezeigt, dass vielfältige Waren aus DDR-Gefängnissen in den Westen exportiert wurden, in der Ära Honecker beispielsweise aus der Haftanstalt Cottbus 200.000 Fotoapparate und aus dem Frauengefängnis Hoheneck 100 Millionen Damenstrumpfhosen. Letztere wurden dann von ALDI, Karstadt, Hertie, Horten, Kaufhof, Kaufhalle und Woolworth vertrieben.

Wie die Chefetage von Ikea war beispielsweise auch die Konzernleitung von Quelle schon vor 1989 darüber informiert, dass die bezogene Ware teilweise von politischen Gefangenen gefertigt worden war. So fanden Käufer etwa von Bettwäsche Kassiber aus Haftanstalten der DDR. Die Verpackung von „Knastware“ sollte deshalb auch ohne Häftlinge oder nur unter strengster Überwachung erfolgen.

Dr. Tobias Wunschik,
geboren 1967 in Hannover, studierte Politikwissenschaft, Psychologie und Soziologie in München und Berlin. Er promovierte 1995 zur „zweiten Generation der RAF“ in München und arbeitet seit 1993 als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen.

Charakteristisch für die Arbeit von politischen Häftlingen in DDR-Gefängnissen war, dass sie zusammen mit Kriminellen arbeiten mussten. Sie hatten zumeist mehr als „freie“ Beschäftigte zu leisten, verdienten aber wesentlich weniger. Teilweise brachten veraltete Maschinen sie dabei in Lebensgefahr oder ruinierten ihre Gesundheit.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Menschen unter Diktaturen“ laden die Gedenkstätte
Lindenstraße, das Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, die Landesbeauftragte
zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur und die Fördergemeinschaft
„Lindenstraße 54“ in Kooperation mit dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR herzlich zum Vortrag ein.

Bewertung
Noch keine Bewertungen vorhanden.

Neuen Kommentar hinzufügen

Eingeschränktes HTML

  • Erlaubte HTML-Tags: <a href hreflang> <em> <strong> <cite> <blockquote cite> <code> <ul type> <ol start type> <li> <dl> <dt> <dd> <h2 id> <h3 id> <h4 id> <h5 id> <h6 id>
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Website- und E-Mail-Adressen werden automatisch in Links umgewandelt.
CAPTCHA
Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.
Diese Sicherheitsfrage überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind und verhindert automatisches Spamming.