In gegenwärtigen Debatten über Zusammenleben in der Migrationsgesellschaft wird die Frage nach Identität meistens dazu eingesetzt, Eingewanderte und Einwandernde als Fremde zu markieren. Aus Abgrenzungen zu dem, was als anders, fremd und nicht zugehörig beschrieben wird, wird die eigene religiöse und kulturelle Identität definiert. Differenzsetzungen dieser Art finden auf allen Ebenen der Alltagspraxis statt und dienen dazu, dem persönlichen wie kollektiven Selbstverständnis Stabilität zu verleihen und damit der Sehnsucht nach einer klaren und gefestigten Identität nachzugehen.
Vor dem geschichtlichen Hintergrund von Antisemitismus und Kolonialrassismus kann Identität jedoch nie als unschuldig oder unpolitisch begriffen werden, waren doch identitäre Gemeinschaftsideologien im zwanzigsten Jahrhundert die Grundlage für Politiken der systematischen Ausgrenzung und Verfolgung. So erscheinen die Identitätskonstrukte aktueller populistischer Gruppen wie u.a. der Pegida als Warnzeichen für einen wieder erstarkenden europäischen Rassismus.
Die Anhänger*innen solcher Bewegungen positionieren sich selbst als Vertreter*innen eines „christlich-jüdischen Abendlandes“ mit dem Ziel, sich von muslimischen und anderen Minderheiten abzugrenzen, selbst wenn sie in der Regel kaum einen eigenen, relevanten Bezug zum Christen- oder Judentum haben.
Deshalb werden wir unseren Blick auf die sozialen und kulturellen Prozesse richten, aus denen solche identitären Selbst- und Fremdvergewisserungen hervorgehen und nach deren jeweiligen Funktionen fragen. Davon ausgehend werden wir Ansätze aus Wissenschaft und Bildungspraxis diskutieren, die zeitgemäße, migrationsgesellschaftliche Selbstbilder als Gegenkonzepteins Spiel bringen.
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