Opfer, Täter, Jedermann?

'DDR-Zeitzeugen' im Spannungsfeld von Aufarbeitung, Historisierung und Geschichtsvermittlung

Tagung

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Zeitzeugen sind seit 1989/90 zu einer geschichtskulturellen und pädagogischen Leitfigur in der Aufarbeitung und Vermittlung der Geschichte und Folgen der SED-Diktatur geworden.

Sie sind Interview- und Gesprächspartner in wissenschaftlichen Projekten und Tagungen, treten in verschiedenen Rollen in Veranstaltungen und Projekten im Rahmen der schulischen und außerschulischen Bildung auf, führen durch Gedenkstätten und werden in Ausstellungen präsentiert. Es existieren Erinnerungsportale im Internet und Zeitzeugenbörsen, die den passenden Zeitzeugen für unterschiedliche "Einsatzzwecke" vermitteln.

Zeitzeugen erfüllen verschiedene Funktionen: Im Rahmen der Oral History ergänzen ihre Aussagen herkömmliche Quellen. In Vermittlungsprozesse werden sie aufgrund des persönlichen und "authentischen" Zugriffs auf Geschichte eingebunden und stoßen bei den Rezipient/-innen auf sehr große Resonanz.

Die Arbeit mit Zeitzeugen zur DDR- und (deutsch)-deutschen Geschichte beinhaltet andere Voraussetzungen, Potenziale und Probleme als die bisher als Folie zugrundegelegte NS-Zeitzeugenschaft. In der Bildungspraxis sind dabei methodische Probleme und Herausforderungen zu beachten, die sich nicht zuletzt in kontroversen Debatten um "emotionale Überwältigung" und "Multiperspektivität" niederschlagen.

Auf der Tagung werden wissenschaftliche, didaktische und künstlerische Perspektiven auf die Arbeit mit Zeitzeugen gekreuzt und in Workshops und Projektvorstellungen Möglichkeiten zu Austausch, Vernetzung und Fortbildung geboten.

Die Veranstaltung wird im Rahmen des von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur unterstützten Projekts "Arbeit mit Zeitzeugen zur DDR-Geschichte" von der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung und der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert.

Programm

Donnerstag, 14.02.2013

9:00 Uhr Eröffnung der Tagung

  • Dr. Martina Weyrauch (Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung)
  • Hanne Wurzel (Bundeszentrale für politische Bildung, angefragt)
  • Dr. Robert Grünbaum (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)
  • Christian Ernst (Zeitpfeil)

Teil 1: Zeitzeugen in der Geschichtskultur

9:30 Uhr Zeitzeugen "im DDR-Gedächtnis"

Prof. Dr. Martin Sabrow (Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam)

10:45 Uhr Funktionen und Potenziale von Zeitzeugen in Wissenschaft und Geschichtskultur

  • Prof. Dr. Dorothee Wierling (Universität Hamburg)
  • Dr. Silke Klewin (Gedenkstätte Bautzen)
  • Dr. Hilde Hoffmann (Universität Düsseldorf)
  • Jörg von Bilavsky (Gedächtnis der Nation)

Moderation: Dr. Christoph Classen (Zentrum für Zeithistorische Forschung
Potsdam)

12:30 Uhr Mittagessen

Teil 2: Zeitzeugen im Lernfeld DDR-Geschichte

14:00 Uhr Zeitzeugenarbeit in der außerschulischen Bildung: Stand und Perspektiven

Dr. Heidi Behrens (Bildungswerk der Humanistischen Union NRW)
Christian Ernst (Zeitpfeil)

15:15 Uhr Komplexe Diskurse: Zeitzeugen und ihre Rezeption

  • Katharina Obens (Freie Universität Berlin)
  • Dr. Sabine Moller (Universität Flensburg)
  • Prof. Dr. Michele Barricelli (Universität Hannover)

Moderation: Dr. Katrin Passens (Gedenkstätte Berliner Mauer)

16:45 Uhr Sensible Begegnungen: Zeitzeugenarbeit mit Opfern der SED-Diktatur

  • Dr. Stefan Trobisch-Lütge (Opferberatungsstelle Gegenwind)
  • Ulrike Poppe (Brandenburger Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der
  • Folgen der komm. Diktatur)

Moderation: Dr. Jens Hüttmann (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der
SED-Diktatur)

18:00 Uhr Imbiss

Teil 3: Zeitzeugen in Literatur, Film und Theater

19:30 Uhr Authentisch, inszeniert und fiktiv? Arbeit mit Zeitzeugen in den Medien und Künsten
Veranstaltung in Kooperation mit und im Filmmuseum Potsdam

  • Dr. Susanne Krones (Autorin)
  • Sebastian Brünger (Dramaturg, Rimini-Protokoll)
  • Thomas Grimm (Dokumentarfilmer, Zeitzeugen TV)

Moderation: Beate Rabe (Filmmuseum Potsdam)

Freitag, 15. Februar 2013

Teil 4: Zeitzeugen in der Bildungspraxis

9:00 Uhr Workshops

Workshop 1: Spannungsreiche Dialoge - Zeitzeugengespräche und -projekte in der historisch-politischen Bildungsarbeit

Leitung: Dr. Heidi Behrens, Dr. Norbert Reichling (Bildungswerk der
Humanistischen Union NRW)
Projektpräsentationen

Workshop 2: Oral History 2.0 - Medialisierung und Präsentation von
Zeitzeugen

Leitung: Christian Ernst (Zeitpfeil e.V.), Dr. Irmgard Zündorf (ZZF
Potsdam)
Stefanie Wahl (Kuratorin, Berlin)

11:30 Uhr Emotionale Überwältigung oder Multiperspektivität?
Podiumsdiskussion zu Chancen und Problemen der Arbeit mit Zeitzeugen

  • Elena Demke (Mitarbeiterin beim Landesbeauftragten für die Unterlagen
  • des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR)
  • Dr. Christoph Hamann (LISUM Berlin-Brandenburg, angefragt)
  • Karsten Harfst (Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, angefragt)

Moderation: Dr. Irmgard Zündorf (Zentrum für Zeithistorische Forschung
Potsdam)

12:45 Uhr Tagungsresümee

Dr. Paul Ciupke (Bildungswerk der Humanistischen Union NRW)
Peter Paul Schwarz (Zeitpfeil)

13:00 Uhr Imbiss und Tagungsausklang


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Auf BR2 Kultur ist ein Beitrag zur Tagung erschienen:

Potsdamer Tagung über den Wandel der "Oral History"
Zeitzeugen sind zu einem Medientypus geworden, ihre ursprünglich kritische Rolle eher affirmativ und illustrativ. Nicht selten bleibt der Kontext ihrer Aussagen zugunsten des unmittelbaren Eindrucks unklar. Das ist problematisch.

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