Was macht ein Land, das sich schwer tut mit dem Blick nach vorn? Es schaut zurück, es sucht nach Halt im Gestern. Christoph Dieckmann, vielfach preisgekrönter „ZEIT“-Autor, erzählt von der Macht des Vergangenen: Sein Harzer Kindheitsdorf entsteht, ein fürchterlicher Schulaufsatz des Vaters taucht auf, sein Tagebuch von 1945. Hitler verschwindet, Ulbricht kommt. Die DDR-Gewaltigen erscheinen – auf der Tribüne und vor Gericht, als die vorige Geschichte der nächsten Platz machen muss. Doch im Neuen lebt das Alte fort.
Dieckmann zeichnet Kollektiv-Identitäten und warnt vor ihnen, falls sie Geschichte umlügen oder den Einzelnen verbiegen. Gemeinsame Vergangenheit ist immer ein Konstrukt. Den Ritualen öffentlichen Gedenkens – Aufstand am 17. Juni, Mauerbau, verklärende Ostalgie – begegnet er mit lebendigem Gedächtnis.
Er beschreibt Christa Wolfs Ringen um Wahrhaftigkeit, er spricht mit Günter Gaus über dessen Leben zwischen Ost und West, er widersteht der aktuellen Rehabilitation des Krieges mit „Erinnerungen an den Frieden“.
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