Sexarbeit als ein „Spiegel der Gesellschaft“? Dafür spricht, dass hier gesellschaftliche Entwicklungen wie unter einem Brennglas in komprimierter Form sichtbar werden: Als Tätigkeit auf eigene Rechnung reicht das Spektrum von der Analpha-betin aus Rumänien, die ihre Familie daheim ernähren will, bis zur akademisch qualifizierten Domina – mit allen Zwischenformen. Die eine mangels Sprach- und Landeskenntnissen auf Unterstützer angewiesen, die für ihre Dienste reichlich die Hand aufhalten. Die andere agiert als beruflich erfolgreiche Unternehmerin.
Doch nicht nur die Arbeitssituation spiegelt die Bandbreite der Gesellschaft. Wie reagieren Menschen auf einen für viele schwer fassbaren Nischenbereich? Die gesellschaftliche Bewertung schwankt zwischen Faszination und Verteufelung. Gibt es Freiräume und Förderung? Oder wird mit Repression reagiert? Auch dies sagt vielleicht mehr über Toleranz oder Unsicherheit in der Gesellschaft selbst (und in der Politik?) als über die Sexarbeit aus. „Sie benimmt sich wie eine Hure!“ Über die Stellschraube der Reglementierung der Sexarbeit wurden (und werden?) immer auch die moralischen und sexuellen Freiräume aller Frauen mit geregelt.
Wir wollen auf dieser Tagung die soziale Situation der Sexarbeiterinnen und ihre Wünsche an (Kommunal-)politik und Gesellschaft ansprechen. Ein zweiter Themenschwerpunkt wird bei Fragen der Strafrechtsgestaltung vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen, der poli-zeilichen Erfahrungen und kriminologischer Forschungen liegen.
Programm
10.00 - 10.15 Uhr
Begrüßung
Carsten Werner, Friedrich-Ebert-Stiftung
10.15 - 10.45 Uhr
Prostitution in Brandenburg ─ soziale Aspekte eines tabuisierten Berufs/einer tabuisierten Tätigkeit
Margarete Muresan, IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit für das Erzbistum Berlin e.V.
10.45 - 11.15 Uhr
Selbstverständnis, Beratungs- und politische Arbeit der ersten autonomen Hurenorganisation in Deutschland
Simone Wiegratz, Projektleitung Hydra e.V., Berlin
11.15 - 11.30 Uhr
Kaffeepause
11.30 – 12.15 Uhr
Sexarbeit – Praxis, Selbstverständnis, Wünsche an die Kommunen und an die Gesellschaft
Emily Navina, Alexa Müller, Sexwork Deutschland, Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V., Berlin
12.15 - 13.00 Uhr
Diskussion zur sozialen und gesellschaftlichen Situation der Sexarbeiter_innen
Moderation: Norbert Holtz, Hamburg
13.00 – 13.45 Uhr
Mittagspause
13.45 – 14.30 Uhr
Informelle Gesprächsrunden zum Thema ─ fachlicher Austausch unter den Teilnehmenden
14.30 – 15.10 Uhr
Prostitution in Brandenburg und Berlin ─ Umfeldkriminalität aus polizeilicher Sicht
n.n., Landeskriminalamt Berlin (angefragt)
15.10 – 15.50 Uhr
Der § 232 „Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung“ ─ ein ideologisch aufgeladener Paragraf des StGB mit vielschichtigen Intentionen
Martin Schaar, Strafverteidiger, Doktorand zum Forschungsschwerpunkt „Menschenhandel“ Kiel
15.50 – 16.00 Uhr
Kaffeepause
16.00 – 17.15 Uhr
Diskussion zur rechtlichen und gesellschaftlichen Stellung der Prostitution und zur Prostitutionspolitik
Moderation: Norbert Holtz
17.15 – 17.30 Uhr
Schlusswort
Carsten Werner
Tagungsleitung:
- Carsten Werner, Friedrich-Ebert-Stiftung, Landesbüro Brandenburg
- Norbert Holtz, Dipl,.-Kaufmann, Dipl.-Politologe, Wirtschaftsmediator, Hamburg
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