Verwaisten Brachen und verlassenen Räumen Leben einzuhauchen, ist Tradition und konsequente Absicht des Vereins ENDMORÄNE. Jedes Jahr wählt sich der nämliche Zusammenschluss bildender Künstlerinnen eine neue topographische Herausforderung, um sich weitab von urbanen Galerien und Museen auf sozial- und baugeschichtliche Spurensuche zu begeben. In diesem Sommer ist das Ziel nicht nur naturspektakulär, weil direkt an der Elbe, sondern auch architektonisch und historisch speziell: Zwischen Berlin und Hamburg ragt ein Industriedenkmal ins Land, das seinesgleichen nicht leicht findet. Dafür sorgt unter anderem der größte Uhrenturm Europas, der weit über die Prignitz blickt.
Das ehemalige Nähmaschinenwerk in Wittenberge wurde eine Dekade vor dem Ersten Weltkrieg in Betrieb genommen. Seine Räder stehen inzwischen fast so lange still, wie ENDMORÄNE alt ist. Ein knappes Jahrhundert hatte die Firma Singer, später VEB VERITAS, als Hauptarbeitgeber schwerindustrielle Bedeutung für die Stadt und ihre Menschen.
Die Schließung der Fabrik nach Mauerfall markierte mehr als eine Wende. Zu radikalem Strukturwandel gezwungen erfanden sich die Wittenberger neu. Noch eine Analogie zu ENDMORÄNE, deren Kunst Vergänglichkeit und Wechsel reflektiert und phänomenologisch damit arbeitet. In diesem Sinn sind die seit über 20 Jahren ungenutzten imposanten Hallen hinter dem ziegelroten Backstein prädestiniert für das Projekt ENDMORÄNE. Mit Fragen und Geschichte(n) aufgeladen erscheinen sie für die Ausstellenden gleich magisch wie fürs Publikum. Auf 5000 Quadratmeter im Innenraum sowie auf dem Fabrikgelände entwickeln 24 Künstlerinnen - wie immer mit berufenen Gästen und Anwohnern - situative, ortsbezogene Statements, um sie anschließend an drei Wochenenden der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Ausstellungseröffnung: 28. Juni, 15 Uhr (geöffnet 13 – 18 Uhr), mit Führungen und Aktionen
Ausstellungsdauer: 28. Juni bis 13. Juli 2014, jeweils Sa + So, von 13 – 18 Uhr
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KommentierenIm Zeichen der Nähmaschine
Das Nähmaschinenwerk Wittenberge, früher Arbeitsplatz für 2000 Menschen, liegt seit mehr als zwei Jahrzehnten im Dornröschenschlaf. Nun hauchen ihm 24 Frauen des Künstlerinnenkollektivs "Endmoräne" für einige Wochen neues Leben ein. Eine Kunstaktion, die auch in der Stadt für Aufsehen sorgt.
Kommentar von Sebastian Höhn in der Berliner Zeitung vom 23.06.14
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