Als die DDR unterging, herrschten Angst und Jubel in Potsdam
"Mehr Symbolik geht kaum: Vor einer heruntergekommenen Villa – der Putz am Sockelgeschoss ist in großen Teilen schon nicht mehr vorhanden – steht einsam eine Blechmülltonne. Doch hier wirft keiner mehr den Müll ein, niemand, der in dem einst herrschaftlichen Haus eventuell noch wohnt oder arbeitet, schafft hier seine Kartoffelschalen hin oder leert in dem Blechkübel die Asche von den Kohleöfen aus. Die Mülltonne dient jetzt einem anderen Zweck. Auch er hat etwas mit Abfall zu tun, wenngleich in einem eher ideellen Sinne. Denn er kündet als Vorbote gewissermaßen vom Müllhaufen der Geschichte, auf dem der Staat, in dem sich die Tonne befindet, Monate später landen wird.
„Wegen Baufälligkeit und Sperrung von Teilbereichen des Kreisgerichts Potsdam-Stadt können Bürgeranliegen (Rechtsantragsstelle und Rechtsauskunft) bis auf Weiteres nicht mehr bearbeitet werden. Beschwerden und Eingaben sind an den Oberbürgermeister bzw. Rat des Bezirkes zu richten / Gerichtsverhandlungen finden statt“ – so heißt es auf diesem Schild, das, an die Hauswand der Villa gelehnt, auf der Tonne thront. Die Szene wirkt zugleich fast wie ein Cartoon, mit dem der Zeichner erklären möchte, wie es in einem Land zugeht, das keine Gewaltenteilung kennt: Die Justiz landet im Müll, der Bürger hat bei der Obrigkeit anzuklopfen.[...]
zum vollständigen Kommentar von Holger Catenhusen in den PNN vom 23.10.2014
Nachgeholte Heimatkunde
"Wenn in den Medien ständig davon die Rede ist, dass vor 25 Jahren die Mauer fiel, klinken sich viele Jugendliche gern aus. Die Turbulenzen des politischen Umbruchs wurden schon zu oft nacherzählt – meist entlang sattsam bekannter Motive: Menschen in Stonewashed Jeans, die ihr Glück nicht fassen können, Mauerspechte und Demonstranten mit Kerzen. [...]
Und in Potsdam? In der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung wurde am Dienstag eine Ausstellung eröffnet, die mit bisher unbekannten Potsdam-Motiven aufwarten kann. [...]Die Ausstellung steht unter dem wenig originellen Titel „25 Jahre friedliche Revolution“. Weil die Motive aber die unmittelbare Umgebung zeigen, gelingt es hier, die übliche Gedenkroutine zu durchbrechen. Also nichts wie hin!"
zum vollständigen Kommentar von Karim Saab in der MAZ vom 22.10.14
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