Ab wann ist man wahlreif? Haben die Jungen nicht nur "was zu sagen", sondern sollten generell auch mitbestimmen? Je näher am Bürger und je konkreter die Probleme, desto früher sollte man sich auch beteiligen (dürfen), findet Julius Niewisch.
Die Wahlen bei uns und in Sachsen haben mir wieder mal eins bestätigt: von gleichgültigen Jugendlichen, die sich kaum für Politik und die Zukunft unseres Landes interessieren, kann wohl kaum mehr die Rede sein. Mir fallen zahlreiche, teils wirklich hitzige Diskussionen in meinem Freundeskreis schon im Vorfeld der Wahlen ein und noch mehr eigentlich danach. Der politische Streit scheint nach Jahren der Gleichgültigkeit endlich wiedererwacht. Und immerhin hat deutlich mehr als die Hälfte der Erstwähler auch von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht.
Nun war der Blick auf die Ergebnisse in meinem Freundeskreis bei vielen nicht unbedingt sonderlich freudig, aber das gehört in einer repräsentativen Demokratie nun mal dazu. Ergebnisse fallen nicht immer so aus, wie man sich das vielleicht wünscht. Und die darauffolgenden, manchmal schmerzhaften, aber eben doch notwendigen Kompromisse, wirken vielleicht erstmal etwas halbgar. Ich möchte aber eher glauben, dass es viel schlimmer wäre, wenn sich alle einig wären. Denn dann könnte man sich ja zurecht resigniert über „die da oben, die ja alle eh nur dasselbe machen“, beklagen. Das würde die Politikverdrossenheit doch erst recht befeuern. Dass die Wahlen aber mal wieder wirklich zu Diskussionen geführt haben und Bewegungen wie die „Fridays for Future“ auch über die Ferien hin nicht ausgetrocknet sind, beweist doch, dass auch gerade wir Jungen etwas zu sagen haben und dabei gerne auch gehört werden wollen.
In unserem parlamentarischen System ist dazu natürlich das Wahlrecht ein Knackpunkt. Dass man erst mit 18 an Bundestags- und Europawahlen teilnehmen darf, halte ich dennoch für richtig. Für mich erscheint die Knüpfung an die Volljährigkeit sinnvoll. Dass 18-Jährige im Gegensatz zu 16-Jährigen mit hoher Wahrscheinlichkeit schon ein Stück weit auf eigenen Beinen, zum Beispiel in ihrer eigenen Wohnung leben, ein Ausbildungsgehalt beziehen oder ihr erstes wirkliches Einkommen verdienen, leuchtet ein. Und das gehört für mich in gewisser Hinsicht zum Erwachsensein dazu, mit dem Bürgerrechte wie -pflichten gewonnen werden und die höhere Eigenverantwortlichkeit deutlich gemacht wird. Natürlich ist es schwierig, die individuellen Lebensläufe aller jungen Menschen auf eine Zahl zu reduzieren, aber irgendwo muss eine solche Grenze eben gesetzt werden. Das Volljährigkeitsalter 18 wirkt da für mich wie ein sinnvoller und lebensnaher Kompromiss.
Das Wahlrecht ab 16 mindestens auf kommunaler Ebene (grundsätzlich aber auch im Land) ist für mich dennoch ein voller Erfolg, weil die Probleme dort weniger abstrakt und näher am tatsächlichen Leben der Menschen liegen. Das mag auf den ersten Blick so klingen, als würde es sich bei diesen Wahlen um Wahlen von „minderer Qualität“ handeln. Aber warum sollten Schüler der Oberstufe oder Auszubildende denn auch nicht mit ihrer Stimme über eben die Politik entscheiden dürfen, die zum Beispiel ihre Bildungspolitik festsetzt oder in den Gemeindeversammlungen die ganz greifbaren Probleme vor Ort anpackt? Für mich gilt deshalb grundsätzlich: Je näher am Bürger und je konkreter die Probleme, desto früher sollte man sich auch beteiligen (dürfen)!
Julius Niewisch wohnt in Potsdam und hat 2019 seit Abitur gemacht. Er bloggte zur Landtagswahl 2019 und schrieb über seine Erfahrungen. Er ist Mitglied der CDU und als Beisitzer im Kreisvorstand Potsdam der Jungen Union aktiv.
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