
Blick über die Oder in Richtung Polen.
Im letzten Sommer haben wir eine beispiellose Umweltkatastrophe an der Oder erlebt. Etwa die Hälfte des Fischbestandes und ein Großteil der Muscheln und Schnecken sind verendet. Die Ursache war die massenhafte Ausbreitung der fischtoxischen Brackwasseralge Prymnesium parvum. Diese konnte sich durch zu hohe Salzeinleitungen bei heißen Sommertemperaturen und niedrigen Abflüssen stark vermehren.
Vor dem Hintergrund des Klimawandels ist die Befürchtung groß, dass sich die Katastrophe in diesem Jahr wiederholt. Die Wissenschaft warnt aktuell wegen der weiterhin hohen Salzgehalte in der Oder und es ist nicht absehbar, dass die Einleitungen auf polnischer Seite gestoppt werden. Es ist zu befürchten, dass mit den zu erwartenden hohen Sommertemperaturen die Abflüsse wieder sinken und die Salzkonzentrationen wieder steigen. Gleichzeitig wird seit nunmehr einem Jahr der Oderausbau am polnischen Ufer vorangetrieben. Daran änderte auch der vom Warschauer Verwaltungsgericht ausgesprochene Baustopp nichts. Der Oderausbau ist ein erheblicher menschlicher Stressfaktor, der dem Ziel der Erholung der Oder entgegensteht. Auch Fischereibetrieben und Tourismusanbietern entlang der Oder bereitet das große Sorge. Die wirtschaftlichen Folgen vom letzten Jahr sind noch zu spüren. Die Fisch-, Muschel- und Schneckenbestände haben sich noch lange nicht erholt. Eine erneute Umweltkatastrophe muss deshalb dringend verhindert werden.
Das Fluss-Ökosystem Oder muss widerstandsfähiger gegenüber den klimatischen Veränderungen werden. Dafür braucht es einen guten ökologischen Zustand entsprechend der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Der Oderausbau auf deutscher und auf polnischer Seite muss vor dem Hintergrund der Katastrophe im letzten Jahr und den neuen Erkenntnissen kritisch hinterfragt werden. Damit die Oder eine Zukunft hat, müssen letztendlich Zielkonflikte zwischen Schifffahrt, Hochwasserschutz und ökologischer Gewässerentwicklung aufgelöst werden.
Die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag und im Deutschen Bundestag möchten gemeinsam mit deutschen und polnischen Expert*innen aus der Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft notwendige Schritte, Konzepte und Visionen diskutieren, wie die Oder in Zeiten der Klimakrise geschützt und nachhaltig genutzt werden kann. Ziel ist es, neue Impulse und notwendige politische Schritte für den Schutz der Oder zu identifizieren und mit den Akteuren vor Ort Wege für deren Umsetzung zu eröffnen.
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Kommentare
KommentierenNaturkatastrophe : "Salziger als die Ostsee"
Die Oder hat sich längst noch nicht erholt seit dem Fischsterben im vergangenen Sommer. Doch während Umweltschützer und Forscher Schutzmaßnahmen fordern, lässt Polen das Flussbett ausgraben.
Ein Beitrag zum Thema in der Süddeutschen Zeitung vom 26. März 2023
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