Ursachen begrenzter Erfolge

Als Fazit ist festzuhalten, dass der europäische Rechtsextremismus heute auf vielen Gebieten relativ gut vernetzt ist. Allerdings hat die verstärkte Kommunikation und Kooperation bislang nicht zur Bildung tragfähiger länderübergreifender Organisationen geführt.

Insofern gilt nach wie vor, was Richard Stöss schon im Jahre 2001 konstatierte: Der Institutionalisierungsgrad des europäischen Rechtsextremismus ist so gering, dass man ihn nicht als eigenständigen politischen Akteur bezeichnen kann.

Wo liegen die Ursachen? Erschwert wird die Zusammenarbeit durch Konflikte zwischen gemäßigten (formal systemtreuen) Parteien einerseits und offen faschistischen bzw. neonazistischen Parteien andererseits. Die Grenze zwischen beiden ist dabei allerdings nicht statisch, sondern abhängig von strategischen und wahltaktischen Überlegungen.

Doch es gibt noch einen wichtigeren Grund: Die extreme Rechte hat keine eigene Europa-Theorie. Zwar wurde seit den dreißiger Jahren wiederholt versucht, ein vereintes Europa ideologisch zu begründen. Die auf den britischen Rechtsextremisten Sir Oswald Mosley zurückgehende Idee einer „Nation Europa“, die sich gegen den „Bolschewismus“ und die „Wall Street“ behaupten müsse, konnte sich aber letztlich nur in rechtsintellektuellen Kreisen durchsetzen.

Franz Schönhuber, Mitgründer und langjähriger Vorsitzender der „Republikaner“, beschreibt im Jahre 2000 das Dilemma:

"Das einzige, was viele rechte europäische Parteien gemeinsam haben, ist das, was sie trennt. Im Gegensatz zu linken Parteien, die historische Belastungen über neue und gemeinsame Gesellschaftsordnungen überwinden wollen, sich dem Internationalismus verschrieben haben, steht für rechte Parteien der Erhalt der völkischen Substanz und die Unverletzbarkeit des nationalen Territoriums im Vordergrund.“

Im Mittelpunkt des rechtsextremen Denkens steht die Nation bzw. das Volk. Vor diesem Hintergrund sind politische Aktivitäten auf europäischer Ebene nur schwer zu rechtfertigen, selbst wenn der offene Rassismus zunehmend durch ethnopluralistische Vorstellungen ersetzt wird.

Ideologische Differenzen im Detail machen die Sache nicht einfacher: Beispielsweise stehen die italienische „Lega Nord“ und der belgische „Vlaams Belang“ für einen völkisch orientierten Regionalismus, der sich tendenziell gegen Nation und Staat richtet. Die französischen und spanischen Rechtsextremisten vertreten hingegen einen Nationalismus, der auf einen starken und zentralistischen Staat ausgerichtet ist und regionalistische Bestrebungen als störend betrachtet.

Gebhard Schultz, April 2009

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