Bildung terroristischer Vereinigungen

In Zusammenhang mit rechtsextremen Straftätern finden gelegentlich die Paragrafen 127: Bildung bewaffneter Gruppen, 129: Bildung krimineller Vereinigungen und 129a: Bildung terroristischer Vereinigungen StGB Anwendung.

Die Nummern 1 und 2 des Absatz 1 §129a StGB bestimmen den Charakter terroristischer Vereinigungen als darauf gerichtet, schwerste Straftaten wie Mord, Totschlag, Völkermord usw. sowie Straftaten gegen die persönliche Freiheit zu begehen.

Absatz 2 weitet terroristische Vereinigungen auf solche aus, deren Zweck es ist, Straftaten gegen die körperliche und seelische Unversehrtheit zu begehen (Nummer 1, z. B. schwere Körperverletzung), erheblichen Sach- und Wirtschaftsschaden durch Computersabotage, Herbeiführen von Explosionen usw. zu verursachen (Nummer 2), Straftaten gegen die Umwelt (Nummer 3, etwa Freisetzen von Giften), Straftaten gegen das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (Nummer 4) sowie Straftaten nach dem Waffengesetz (Nummer 5) zu begehen.

Strafbar sind nicht allein die genannten Straftatbestände an sich, sondern bereits die Mitgliedschaft in Organisationen, die es sich zum Zweck machen, solche Taten zu begehen. D. h. juristisch dingbar gemacht werden können die Mitglieder terroristischer Vereinigungen auch dann, wenn sie ansonsten keine Tat begangen haben. Ebenfalls strafbar ist nach Absatz 5 auch die Unterstützung solcher Vereinigungen.

Der Paragraf 129a StGB ist Bestandteil eines Gesetzesbündels, das von Kritikern als Lex RAF bezeichnet wird, also als Gesetzesbündel, das mit besonderem Bezug auf die Rote Armee Fraktion / RAF erlassen worden sei.

Um 1970 gegründet verstand die RAF sich als antiimperialistische, kommunistische Stadtguerilla, die den „internationalen Befreiungskampf“, v. a. Dritter -Welt-Länder in die Bundesrepublik tragen wollte. Bis 1998, dem Jahr ihrer Auflösung, ermordete die RAF 34 Menschen, es gab zahlreiche Verletzte sowie erheblichen Sachschaden. Der letzte Anschlag, der der RAF zugeordnet wird, dessen Täterschaft dennoch ungeklärt ist, datiert mit dem Sprengstoffattentat auf den Neubau der JVA Weitershausen auf das Jahr 1993 (bei dem es nicht zu Personenschäden kam).

Nach seiner Einführung 1976 sorgte der Paragraf 129a StGB für erhebliche Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit, weil es nunmehr möglich war, auch solche Personen strafrechtlich zu belangen, die sich nach den bis dahin gültigen Kriterien des Strafgesetzbuches nichts Zuschulden kommen lassen hatten, denn Paragraf 129a StGB bestraft ausdrücklich bereits die Mitgliedschaft in terroristischen Vereinigungen, ihre Unterstützung oder Anwerbetätigkeiten für sie – § 129a (5).

Strafrechtlich relevant werden also bereits Versuche, Personen zu werben, die den Mitgliedern terroristischer Vereinigungen Unterstützung gewähren, etwa indem sie ihnen Übernachtungsmöglichkeiten bieten. Neben dem Paragraf 129a StGB zählen eine Reihe an Veränderungen der Strafprozessordnung zur Lex RAF, die der Gesetzgeber um 1974 in Vorbereitung der ersten Prozesse gegen Mitglieder der RAF vornahm.

Verteidiger solcher Gesetzesänderungen argumentieren, dass der Gesetzgeber auf Veränderungen in der Gefährdungslage, also auf Veränderungen der Kriminalität selbst reagieren muss, v. a. dann, wenn der Bestand der Bundesrepublik infrage gestellt wird.

Selbstverständlich findet der § 129a StGB auch dann Anwendung, wenn rechtsextremer Terrorismus bekämpft wird. Zuletzt war das der Fall als Münchner Neonazis um den „Kameradschaftsführer“ Martin W. mit erheblichen Mengen an Sprengstoff, die bei ihnen gefunden worden waren, geplant haben sollen, das jüdische Gemeindezentrum in München anzugreifen.

Jan Buschbom / Violence Prevention Network e. V.
Stand: März 2006

Gesetze, die die Bildung terroristischer Vereinigungen unter Strafe stellen:

§ 129a StGB: Bildung terroristischer Vereinigungen

(1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,


1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder

2. Straftaten gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 239a [Erpresserischer Menschenraub] oder des § 239b [Geiselnahme]
 

zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

1.
[...]
5.
[...]

oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wenn eine der in den Nummern 1 bis 5 bezeichneten Taten bestimmt ist, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beseitigen oder erheblich zu beeinträchtigen, und durch die Art ihrer Begehung oder ihre Auswirkungen einen Staat oder eine internationale Organisation erheblich schädigen kann.

(3) Sind die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung darauf gerichtet, eine der in Absatz 1 und 2 bezeichneten Straftaten anzudrohen, ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(4) Gehört der Täter zu den Rädelsführern oder Hintermännern, so ist in den Fällen der Absätze 1 und 2 auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(5) Wer eine in Absatz 1, 2 oder Absatz 3 bezeichnete Vereinigung unterstützt, wird in den Fällen der Absätze 1 und 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen des Absatzes 3 mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Wer für eine in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichnete Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer wirbt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(6) Das Gericht kann bei Beteiligten, deren Schuld gering und deren Mitwirkung von untergeordneter Bedeutung ist, in den Fällen der Absätze 1, 2, 3 und 5 die Strafe nach seinem Ermessen (§ 49 Abs. 2) mildern.

(7) § 129 Abs. 6 gilt entsprechend.

(8) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten kann das Gericht die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, und die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, aberkennen (§ 45 Abs. 2).

(9) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 4 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

 

 

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