Eine Veranstaltung des Arbeitsbereichs Zeitgeschichte des Sports der Universität Potsdam in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung sowie dem Deutschen Sportbund und dem Nationalen Olympischen Komitee, unterstützt durch die Landeszentrale für politische Bildung Brandenburg und den Rundfunk Berlin-Brandenburg/rbb
Der Kalte Krieg zwischen Ost und West fand auch in der sportlichen Arena statt: DDR-Sport und bundesdeutscher Sport waren praktisch und rhetorisch jahrzehntelang als „Konkurrenten“ aufeinander fixiert. Man wetteiferte nicht nur um beste Leistungen, sondern um die staatliche Alleinvertretung, um olympisches Gold und um das effizientere Leistungssportsystem.
Der Sport war ein bemerkenswerter Sonderfall innerhalb der „doppelten“ Zeitgeschichte Deutschlands, denn es gelang der DDR, die Bundesrepublik seit 1968 im Medaillenkampf eindeutig zu übertrumpfen. Nach weitverbreiteter Ansicht gehörte der Sport zum Besten, was das Land hervorgebracht hat. Bürgerrechtlicher hingegen kritisierten diese ostdeutsche Erfolgsgeschichte: „Der Sport der DDR – ein gigantisches Dekorationsstück der Partei und Regierung – hat seine Wurzeln nicht im Volk.
Die Öffnung der Grenzen 1989 brachte auch für den Sport eine plötzliche und ungeahnte Bewegungsfreiheit. Bereits am 17. November, also acht Tage nach dem Mauerfall, hatten die Sportführungen von Bundesrepublik und DDR entschieden, den innerdeutschen Sportverkehr freizugeben. Erstmals konnte nun seit 28 Jahren wieder gesamtdeutsch Handball, Fußball und Schach gespielt werden. Von Anbeginn an gab es aber auch Misstöne wegen der einsetzenden massiven Westwanderung von Sportlerinnen und Sportlern, Trainerinnen und Trainern. Den DDR-Athlet/innen wurde vorgeworfen, sie folgten ausschließlich dem „Lockruf des Geldes“, Abwerbungen von westlichen Managern wurden als „Piratenakte“ kritisiert. Gleichzeitig setzte eine Diskussion um die „Schatten der Goldkinder“ ein: die Unterwanderung des DDR-Sports durch die Staatssicherheit, das flächendeckende staatliche Zwangsdoping und die Vernachlässigung des Breitensports waren die Themen. Auch der Prozess der Demokratisierung des DDR-Sports und seine Vereinigung mit dem bundesdeutschen System führte zu heftigen Turbulenzen. Wie sollten sich die Fachverbände vereinigen, wie die Dachverbände und die Nationalen Olympischen Komitees? Zahlreiche Sportstars in Ost und West sprachen sich vehement gegen die Einheit aus: Ihnen drohte der Verlust ihres Startplatzes bei Olympischen Spielen!
Die Tagung zeichnet den „Hürdenlauf des Sports“ in die deutsche Einheit nach und befasst sich mit der Frage, welche funktionellen Bausteine des DDR-„Sportwunderlandes“ überhaupt in die Bundesrepublik übernommen wurden. Wurden darüber hinaus im Einigungsprozess Chancen einer strukturellen Reform im Westen verspielt? Ehemalige und aktive Sportlerinnen und Sportler, Akteure aus den Sportverbänden und -gliederungen, aus Politik und Medien berichten als Zeitzeugen über ihre Erfahrungen und versuchen, Antworten zu geben.
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Programm:
Freitag, 11.11.2005:
Sportorganisationen im Umbruch
15.00-15.20
Begrüßung
- N.N., Vertretung des Landes Brandenburg beim Bund
- N.N., Bundesministerium des Innern
15.20-16.00
Historische Einführung
- Die deutsche Vereinigung 1989/90
PD Dr. Hermann Wentker (Leiter der Abteilung Berlin des Instituts für Zeitgeschichte)
- Der Weg in die Sporteinheit
Prof. Dr. Hans Joachim Teichler/Dr. Jutta Braun (Universität Potsdam, Arbeitsbereich Zeitgeschichte des Sports)
16.00-16.15 Kaffeepause
16.15-16.30
Film: Der Weg in die Sporteinheit vor 15 Jahren
(von Hajo Seppelt/Rundfunk Berlin-Brandenburg/rbb)
16.30-18.30
Die Vereinigung der Sportorganisationen
16.30-17.30
Prof. Walther Tröger (1990 Präsident des bundesdeutschen Nationalen Olympischen Komitees, IOC Mitglied und NOK-Ehrenpräsident)
Prof. Dr. Dr. Joachim Weiskopf (erster und letzter frei gewählter Präsident des NOK der DDR, heute Ehrenmitglied des NOK)
17.30-18.30
Dr. Martin-Peter Büch (1990 Abt. Sport im Bundesministerium des Innern, u.a. Mitarbeit im Kabinettsausschuss Deutsche Einheit)
Erika Dienstl (ehemals Vizepräsidentin des Deutschen Sportbundes, heute Europabeauftragte des DSB)
Bernd Rudolph (erster und letzter Golfverbandspräsident der DDR)
Moderation: Holger Schück (freier Journalist)
anschließend: Diskussion
18.30 Empfang
19.30-21.00 Sport im Parlament
Wilhelm Schmidt (SPD) (ehemals Erster parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag)
Gustav Adolf Schur (PDS) (von 1959-90 Abgeordneter der Volkskammer, Radsportlegende,
bis 2002 sportpolitischer Sprecher der PDS im Bundestag)
Moderation: Herbert Fischer-Solms (Deutschlandfunk)
anschließend Diskussion
Samstag, 12.11.2005: Sportpolitik im Wendeprozess
Ort: Auditorium Maximum der Universität Potsdam, Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam, im Schlosspark von Sanssouci
09.30-11.00 Uhr
Vom Runden Tisch des Sports zum Einigungsvertrag
Cordula Schubert (1990 Sportministerin der DDR, heute Sächsisches Staatsministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie);
Karl-Hans Pezold (ehemals Abteilungsleiter Sport des Ministeriums für Jugend und Sport der DDR; heute Referatsleiter im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport Brandenburg)
Manfred Kruczek (ehemals Bürgerrechtler, heute Breitensportreferent des Landes Brandenburg) ,
Moderation: Klaus Herber (rbb/Antenne Brandenburg)
anschließend: Diskussion
11.00-11.15 Kaffeepause
11.15-12.45
Die Sicht der Sportlerinnen und Sportler
Stefan Forster (Ruder-Weltmeister 1995, ehemals Aktivensprecher Rudern, Chef aller Aktivensprecher)
Bernd Schröder (seit über 30 Jahren Trainer von Turbine Potsdam)
Axel Kruse (ehemals Hansa Rostock/ Hertha BSC, heute Trainer und TV-Journalist)
Moderation: Hajo Seppelt (Rundfunk Berlin-Brandenburg/rbb)
anschließend: Diskussion
12.45 – 13.30 Uhr Mittagessen
13.30 – 14.30 Uhr Führung durch das Neue Palais im Schlosspark Sanssouci
15.30 –17.30
Abschlussrunde: Doppelpässe – Sport und Politik
15.30-16.30
Karl Heinz Heimann (Herausgeber kicker-Sportmagazin)
Joachim Krannich (Sportbeauftragter Bundeskanzleramt)
Bernd-Uwe Hermann (ehemals Referatsleiter im Ministerium für Jugend und Sport der DDR, heute stellvertretender Leiter des WM 2006-Stabes der Bundesregierung)
16.30-17.30
Manfred Freiherr von Richthofen (1990 Präsident des LSB West-Berlin, heute DSB-Präsident)
Wolfgang Schäuble (1990 Bundesminister des Innern, heute stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion)
N.N.
Prof. Rolf Andresen (ehemals Direktor Bundesausschuss Leistungssport)
Theo Rous (1990 Anti-Doping-Beauftragter des DLV, heute im Vorstand der Nationalen Anti-Doping-Agentur)
Moderation: Jens Weinreich (Berliner Zeitung)
anschließend: Diskussion
17.00 Uhr: Ende der Konferenz
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