Der „Brandenburger Weg“ – Ein Auslaufmodell?

Anknüpfend an die Podiumsdiskussion Der „Brandenburger Weg“ – Ein Auslaufmodell im Kampf gegen Rechtsextremismus? habe ich mir einige grundsätzliche Gedanken zu dieser Fragestellung  gemacht und hoffe, dass die lebhafte Diskussion vom 22. August im Netz ihre Fortsetzung findet. 

Der „Brandenburger Weg“, was ist das? Ende der 90er Jahre entschloss sich die brandenburgische Landesregierung, der ausufernden rechten Gewalt ein eigenes Handlungskonzept entgegenzusetzen. Dieses beinhaltete die Schaffung der Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“ mit dem Ziel, die zivilgesellschaftlichen Kräfte mit Projekten gegen Extremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt zu bündeln und zu fördern. Zudem wurde die Strafverfolgung rechter Straftäter endlich intensiviert. So salopp es klingt, aber das Besondere daran war, dass Brandenburg damit als eines der ersten Bundesländer (zumindest indirekt) zugab: ja, wir haben ein rechtsextremes Problem.


Eine Zwischenbilanz

Dass dieser „Weg“ in den vergangenen Jahren durchaus erfolgreich war, verdeutlicht nicht zuletzt die Entwicklung der Anzahl rechter Gewalttaten in Brandenburg.  Hatte die Opferperspektive – ein in Potsdam ansässiger gemeinnütziger Verein, der sich für Opfer rechter Gewalt einsetzt –im Jahre 2002 noch 130 solcher Gewalttaten gezählt, waren es 2011 „nur“ noch 84 (für 2012 sind es bis dato 44 dokumentierte Fälle), was gleichzeitig dem niedrigsten Wert der vergangenen 10 Jahre entspricht. Weiterhin zog in der Landtagswahl 2009 erstmals seit 1994 keine braune Partei in das Brandenburger Parlament ein. Jenseits aller statistischen Werte ist es aber vielerorts besonders das öffentliche Bild, was sich geändert hat. Ich bin mir sicher, wer in den 90igern Bomberjacken produziert/ verkauft hat, schippert aktuell mit seiner Yacht durch die Karibik und zündet sich die Zigarren mit 100-Euro-Noten an. Wenn ich an meine Jugend im Landkreis Oberhavel zurückdenke, das ständige Spießrutenlaufen nur weil man sich diesem „Dresscode“ nicht unterwerfen wollte. Dies ist zum Glück nicht mehr so.


Also alles super?

Also alles super und der „Brandenburger Weg“ ist wirklich ein Auslaufmodell? Auch wenn es oberflächlich betrachtet den Anschein macht, bin ich nicht der Meinung. Zwar ist Rechtsextremismus kein Massenphänomen unter Jugendlichen mehr, aber damit das so bleibt, müssen auch zukünftig die „Resonanzräume“ für braunes Gedankengut möglichst klein gehalten werden. Zivilgesellschaftliches Engagement und Aufklärungsarbeit bleiben also auch in Zukunft wichtig! Zum anderen muss die Szene lediglich ohne ihre ehemalige Heerschar von Mitläufern auskommen, was bleibt, ist der harte Kern. Ich sage deshalb „lediglich“, weil dieser harte Kern schon lange nicht mehr an die Strategie glaubt, dass sich das demokratische System infiltrieren und von innen heraus verändern lässt. Er lehnt demzufolge sogar teilweise die NPD als nicht radikal genug ab und organisiert sich stattdessen in „Kameradschaften“ oder „Freien Kräften“. Diese Gruppierungen wollen keine Wahlen gewinnen, sondern erklären der Demokratie in einer Art Guerilla-Taktik offen den Krieg (beispielsweise „Die Unsterblichen“ oder die „Autonomen Nationalisten“).


Es ist diese Szene, aus der die Rechtsterroristen der NSU entstammen.

Es ist diese Szene militanter Neonazis, auf die meines Erachtens auch der „Brandenburger Weg“ erst noch Antworten finden muss. Die Strafverfolgung gestaltet sich schwierig und Überzeugungsarbeit erscheint schlicht illusorisch. Es müssen aber Antworten gefunden werden, denn es ist auch diese Szene, aus der die Rechtsterroristen der NSU entstammen. Besorgniserregend ist zudem, dass die Zahl dieser Hardliner sogar ansteigt (von 380 im Jahr 2010 auf 410 laut Verfassungsschutzbericht 2011, siehe auch die Linktipps). In diesem Zusammenhang möchte ich abschließend eine spannende Frage aus der Podiumsdiskussion aufgreifen: Ist es Zufall, dass keiner der ermittelten Rechtsterroristen aus Brandenburg stammt? Was denkt Ihr?

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