Dass auf den Internetseiten von Politically Incorrect, Pro-Bewegung, Republikanern, DVU (etc.) islamophobe Parolen verbreitet werden, ist wohl kaum zu bestreiten. Vielleicht trifft der Begriff „islamophob“ die Sache nicht ganz. Phobie bezeichnet ja eigentlich eine krankhafte Angst. Bei der erwähnten Hasspropaganda scheint mir hingegen sehr viel kalte Kalkulation im Spiel. Aber diese begriffliche Frage wäre im Detail zu diskutieren.
Andererseits: Nicht jede Islamkritik ist (rechts-) populistisch oder gar rassistisch motiviert. Und so geht mir manche Kritik an der Islamkritik, die seit einiger Zeit auch in seriösen Zeitungen zu lesen ist, entschieden zu weit. Am 4. Januar nimmt z. B. Adrian Kreye in der Süddeutschen Zeitung den Anschlag auf den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard zum Anlass, die „westliche Diskussion zwischen Meinungsfreiheit und religiösen Gefühlen“ zu kritisieren. Dabei zieht er den folgenden Vergleich zwischen Salman Rushdies Roman „Die satanischen Verse" und Kurt Westergaards Mohammed-Karikatur:
„Man kann ein Werk der Weltliteratur, in dem sich einer der klügsten Schriftsteller unserer Zeit auf kulturgeschichtlich höchstem Niveau mit den religiösen Spannungen seines Heimatlandes Indien auseinandersetzt nicht mit der plumpen Witzelei eines dänischen Karikaturisten vergleichen. Das eine ist eine intellektuelle Meisterleistung, die es zu verteidigen gilt; das andere eine bewusste Provokation, die ungefähr so intelligent ist, wie der Versuch, einen Tiger zu erziehen, indem man ihm erst ein Schinkenbrot anbietet und es ihm dann wieder wegnimmt.“
Ungeachtet der sonstigen Argumentation Kreyes (die ich auch nicht recht verstehe; trotz der nachgeschobenen Erläuterungen) halte ich diese Sätze für vollkommen daneben. Es geht hier nicht um die Qualität eines Kunstwerks, sondern um den brutalen Mordversuch eines religiösen Fanatikers. Selbst wenn Westergaards Karikatur so schlecht wäre, wie Adrian Kreye meint, muss auch sie verteidigt werden. Peter von Becker weist im Tagesspiegel zu Recht darauf hin, dass die Kunst- und Meinungsfreiheit „für Dumme und Kluge, Großköpfe und Kleinhirne gleichermaßen“ gilt. Im Übrigen sei die Vorstellung eines „monolithischen Islams“ nicht angebracht: „Es gibt überall Muslime, die zwischen einer harmlosen Karikatur, die jeder ignorieren darf, und einem Mordversuch, den keiner ignorieren kann, zu unterscheiden wissen. Ihre Stimme sollte ermutigt, nicht der religiös getarnte Fanatismus begütigt werden.“
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