Das Ende der nationalsozialistischen Diktatur bedeutete für viele junge Menschen in der Sowjetischen Besatzungszone und der frühen DDR nicht Freiheit, sondern sie gerieten in die Hände der sowjetischen Geheimpolizei. In der Landeszentrale sprachen wir mit Grit und Niklas Poppe über ihre Schicksale.
Am 3. Juni 2025 begrüßten wir Grit und Niklas Poppe bei uns. Die beiden lasen aus ihrem Buch „Verschleppt, verbannt, verschwunden. Deutsche Kriegsjugend in Stalins Lagern und Gefängnissen“ und berichteten von den Leidensgeschichten und Hafterlebnissen junger Menschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg von der sowjetischen Geheimpolizei unschuldig, oft jahrelang in sowjetischen Speziallagern und im Gulag in Gefangenschaft waren.
„Wie in einem Albtraum stand sie vor dem grauen, angsteinflößenden Gefängnisgebäude und hatte nicht die geringste Ahnung, warum sie hierhergebracht wurde.“
Grit Poppe
„Erinnerungen und wenn es eben gefärbte Erinnerungen sind, zu Haftbedingungen in einem System der Geheimpolizei, so was wird nicht aktenkundig. Solche Informationen leben durch das eigene Erinnern.“
Niklas Poppe
Grit Poppe stellte eindrücklich die im Buch aufgenommenen Erfahrungsberichte über willkürliche Verhaftungen, Verhöre und Lagerhaft vor. Niklas Poppe erläuterte die historischen Hintergründe und erklärte, wie er alte Dokumente und die Berichte von Zeitzeugen nutzt, um ihre Erlebnisse in den Zusammenhang der zeitgeschichtlichen Ereignisse zu stellen.
Zu Gast: Grit Poppe (Autorin) und Niklas Poppe (Autor)
Meinungsbilder des Abends
- In der Sowjetischen Besatzungszone wurden ab 1945 viele Jugendliche ohne faire Verfahren inhaftiert; oft genügten pauschale Anschuldigungen und Vorwürfe wie „Spionage“.
- Viele Betroffene kamen erst in Speziallager in der Sowjetischen Besatzungszone und wurden dann in sowjetische Arbeitslager deportiert; Entlassungen zogen sich teils bis 1955 hin.
- Der Lageralltag war von Hunger, Zwangsarbeit und Gewalt geprägt. Das Überleben hing häufig vom Zufall und gegenseitiger Hilfe ab.
- Viele Betroffene trugen körperliche und seelische Schäden davon, wurden stigmatisiert und in den Familien wird teilweise bis heute darüber geschwiegen.
- Erinnerungskultur ist wichtig: weil bestimmte Informationen und persönliche Erinnerungen in Archiven oftmals schwer zugänglich sind, sind die Berichte von Zeitzeugen von besonderer Bedeutung.
Fragen aus dem Publikum
Gab es unter den Inhaftierten auch NS-Täter oder tatsächliche Spione?
Neben vielen Willkürfällen wurden auch nationalsozialistische Täter und echte Spionagefälle verfolgt, aber ohne rechtsstaatliche Verfahren und oft mit dünner Beweislage.
Konnte man die Nationalitäten der Bewacher erkennen (Kirgisen, Tataren, Ukrainer etc.)?
Meist nein. Für die Gefangenen waren es „Sowjets“. Nationalitäten blieben unklar, vermutlich gemischt. Einzelne Erinnerungen z. B. "asiatisch aussehend" gibt es.
Wird das Thema (SBZ/DDR-Haft) in Schulen ausreichend behandelt?
Eher nein, es gibt kaum Unterricht, in welchem diese Themen behandelt werden. Doch wir hoffen auf Besserung. Wir planen Schulveranstaltungen mit dem Buch und einzelne Schulen arbeiten mit Gedenkstätten zusammen.
BLPB, November 2025
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