Gefahr von rechts nimmt wieder zu

Brandenburg macht viel im Kampf gegen rechts. Seit 1998 gibt es die Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg". Ein Selbstläufer ist es jedoch nicht, denn die Szene reagiert. Neonazis organisieren sich heute in Vereinen und Bruderschaften. Flüchtlinge sind das neue Feindbild.

Aufkleber "Tolerantes Brandenburg" an einer Bushaltestelle
Foto: endless autumn | flickr | CC BY-SA 2.0

Es war eine dieser Gewalttaten, die über die Grenzen Brandenburgs hinweg Schlagzeilen machten: die tödliche Hetzjagd auf den algerischen Asylbewerber Farid Guendoul, der unter dem Namen Omar Ben Noui Zuflucht gesucht hatte. Im Februar 1999 hetzte ihn eine Gruppe rechtsextremer Jugendlicher in Guben (Spree-Neiße) in den Tod. Guendoul war durch die Glasscheibe einer Haustür gesprungen, hatte sich verletzt und verblutete. Der 28-Jährige ist einer von 18 Menschen, die in Brandenburg seit 1990 durch rechte Gewalt ums Leben kamen. Bemühungen märkischer Initiativen gegen rechts erlitten einen Rückschlag. Dazu kam erhebliches politisches Versagen, nicht nur in Brandenburg. Politik, Polizei und Justiz hätten in den 1990er Jahren den Rechtsextremismus nicht richtig wahrhaben wollen, sagt Christoph Kopke vom Potsdamer Moses-Mendelsohn-Zentrum.

Eine wirkliche Gegenbewegung gegen rechte Umtriebe wurde auch in Brandenburg spät aktiviert. Die Landesregierung richtete 1998 das Aktionsbündnis „Tolerantes Brandenburg" ein. Dafür gab es viel  öffentliche Anerkennung, aus der Landeskasse flossen Zuschüsse, Initiativen wurden gebündelt. Die Zivilgesellschaft erstarkte, deutlich mehr Menschen als in den 1990er- Jahren wandten sich in den Folgejahren gegen rechte Gesinnungstäter, wie die Gegenproteste zum jährlichen Neonazi-Aufmarsch am Soldatenfriedhof in Halbe (Dahme-Spreewald) zeigten. Aber wer angenommen hat, das alles könnte zum Selbstläufer werden und Brandenburg hätte das Phänomen des Rechtsextremismus für immer abgeschüttelt, sieht sich getäuscht.

NPD stagniert, Szene wächst

Im Verfassungsschutzbericht für 2014 musste Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) feststellen, dass die Neonazi-Szene erstmals seit Jahren wieder wächst. Die Behörden zählten im Vorjahr 1.160 Rechtsextremisten. Die höchste Zahl wurde 1999, im Todesjahr von Farid Guendoul, mit 1.665 erhoben, die niedrigste 2013 mit 1.125. Während die Zahl der NPD bei 290 stagniert, registrieren die Behörden mehr sogenannte Neonationalsozialisten (450) und gewaltbereite Rechtsextremisten (420). Die Zahl rechtsradikaler Gruppen stieg um 13 auf 21. Die Neonazis der frühen 1990erJahre - mit Glatze, Bomberjacke und Springerstiefeln - sind verschwunden. Die NPD wird von vielen heutigen Rechten als zu zahm abgelehnt. 

Ein neues Phänomen bereitet den Behörden erhebliche Sorgen: Neonazis organisieren sich in Vereinen und Bruderschaften, die Rockerclubs ähneln – in hierarchischer Struktur und, wie Brandenburgs Verfassungsschutzchef Carlo Weber sagt, „höchstradikalisiert". Die Zahl politisch motivierter Straftaten ist von 2011 bis 2014 um 35 Prozent angestiegen.

Rechte Gewalt in Brandenburg
Eine Frage der Perspektive
Patrick Gensing im Blog

Experten fürchten, dass die rechte Gewalt mit den zunehmenden Flüchtlingszahlen erneut eskalieren könnte. Das Feindbild der Rechten, durch sinkende Asylbewerberzahlen abhanden ·gekommen, hat wieder ein Gesicht: das des angeblichen Wirtschaftsflüchtlings. Im ersten Halbjahr 2015 gab es in Brandenburg laut Innenministerium bereits 12 Angriffe auf Asylbewerberheime, im gesamten Jahr 2014 waren es 14.

 

Volkmar Krause, August 2015

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors, Ressortleiter Brandenburg/ Wirtschaft der MAZ. Der Beitrag wurde zuerst veröffentlicht in MAZ, 1./2. August 2015, S. 23.
Grafik nach Zahlen Verfassungsschutz Brandenburg.

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Kommentare

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Tolerant wem gegenüber? Ich finde es höchst bedenklich und sehr befremdlich, dass Intoleranz gegenüber anderen, politisch unerwünschten, Meinungen als Toleranz verkauft wird. Das kann man nur als Chuzpe bezeichnen - oder Neusprech. Guendoul ist nicht durch rechte Gewalt umgekommen, sondern durch einen Sprung durch eine Glastüre und leider wurde nicht berichtet, wieviele "Angriffe" auf Asylbewerberheime denn von Asylbewerbern selbst oder aber von linken Provokateuren durchgeführt wurden. Es ist mehr als billig und äußerst unehrlich jeden Brand bösen Rechten in die Schuhe zu schieben, wenn gesichert ist, dass wiedereinmal ein Bewohner den E-Herd nicht ausgestellt hat oder mit einer Zigarette ins Bett gegangen ist. Die Landesanstalten für politische "Bildung" können sich ihre Propaganda sparen, es glaubt ihnen sowieso kaum ujemand mehr.

Tja, also ich gehe gern auf die Seiten der Landeszentrale und informiere mich. Auch die Veranstaltungen und Bücher finde ich immer sehr interessant. Und wissen Sie was? Wenn mir was nicht gepasst hat - kam durchaus vor - habe ich angerufen und die Mitarbeiter haben stets sehr freundlich mit mir diskutiert. Ich verstehe auch nicht, was Sie an dem Artikel kritisieren. Es steht doch da, dass er durch eine Glastür gesprungen ist, sich verletzt hat und daran gestorben ist. Das war ein Mensch. Egal wo er herkam, ich empfinde Mitleid. Wenn er durch Rechtsradikale bedrängt wurde und deshalb durch die Scheibe sprang, ist das natürlich rechte Gewalt. Gewalt ist in jeglicher Form verachtenswert und zu verurteilen. Verbal, körperlich - völlig egel ob von links oder rechts. Das Mittel steht keinem zu. Ich finde es wichtig, dass Sachverhalte von allen Seiten gezeigt werden. Allen wird man es nie Recht machen. Haben Sie denn eine Alternative? Bemühen Sie sich um eine ganzheitliche Sicht? Wenn ja, dann Glückwunsch, wenn nein, dann bitte nicht grundlos auf Einrichtungen rumhacken, die sich alle Mühe geben. Nobody's perfect!

Art 16a Abs 2 macht deutlich, wer kein Asylrecht genießt und das dürften etwa 95%-99% der diesjährigen zum Teil unter Rechtsbeugung anerkannten Asylbewerber oder zum Asylverfähren zugelassenen Personen beinhalten. Art 16a GG ist unmittelbar geltendes für jeden Amtsträger inkl. der Bundesregierung.

Hier von "angeblichen Wirtschaftsflüchtlingen" zu sprechen, trifft das Bild nicht. Es sind Menschen, die sich eine bessere wirtschaftliche Existenz erhoffen als da, wo sie vorher vor Verflogung in Sicherheit waren. Nur wer aufrichtig ist, hat eine Chance im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Denn solche Entstellungen der Wahrheit aus politischen Gründen, werden sofort als Manipulationsversuch durchschaut.

Wie soll sich denn ein Rechter gegenüber einem System anders verhalten, als wütend zu werden, wenn er ständig belogen und richtig plump manipuliert wird? Und wer die Rechtsradikalen zu Rechtstreue anhalten will, sollte mit v.a. gutem Beispiel voran gehen und die geltenden Asylgesetze ohne Ausnahme zur Anwendung bringen. Wer allerdings selbst Willkür betreibt, der sollte mal über Kants kathegorischen Imperativ meditieren. Denn wenn die Oberste Maxime des Handelns ist, dass selbst höchstes Recht missachtet werden kann, wenn es einem höheren Zweck dient, dann gilt diesen Maxime auch für jeden, der andere Dinge als höheren Zweck sieht.

Ich habe zum Beispiel von Fällen gehört, da Familien, die gegen die Flüchtlingspolitik demonstriert haben, während der Demonstrationen von Jugendämtern beobachtet wurden, und am nächsten Tag zu Hause aufgesucht wurden, und mit der wagen Androhung des Sorgerechtsentzugs von Ihrer verfassungsrechtlich garantierten Demonstrationsfreiheit abgehalten werden sollen. Oder von Leuten, deren Chef sie am Tag nach einer Demonstration beurlaubt. Wer so die Freiheit verteidigen will, hat die Freiheit schon verloren. Und gewalttätige Ausgrenzung führt höchstens zur Gegengewalt.

Ich für meinen Fall bin nur auf den Demos erschienen, weil ich hier soviel Unwahrheiten in den Medien und in meinem Briefkasten gefunden habe. Natürlich sind unter den Rechten auch Leute, die gewaltbereit und radikalisiert sind. Wer aber nun gegen jedes berechtigte Anliegen und jeden, der auch nur irgendwo eine abweichende Meinung zeigt, ein Kampf gegen dessen gesellschaftliche und wirtschaftliche Existenz begonnen führt, dann darf man sich auch nicht wundern, wie die menschlische Psyche darauf reagiert.

Ich darf jedenfalls sagen, dass ich in dem Getto, in dem ich lebe, noch nie soviel Kontakt mit dem Menschen hatte, wie seit dem ich 3x auf Seiten der Bürgerbewegung gegen Rechtsbeugung im Asylverfahren mit hunderten Rechten mitdemonstiert habe. Und ich sehe keinen Grund warum eine solche Meinungsäußerung staatliche Eingriffe von Seiten des Jugendamtes oder einen Internetpranger durch die sogenannten Antifaschisten rechtfertigen könnten.

Und auch objektiv gibt es gut Argumente gegen einen unbegrenzten Zustrom von Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen: Einerseit ist objektiv so, dass Gesellschaften, die weniger homogen sind, unsozialer werden. Die Unterschiede zwischen Arm und Reich nehmen zu. Andererseits verhindert eine Zuwanderung über einem gewissen Maße, die wirtschaftliche Entwicklung der Herkunftsländer, da diese durch den Exodus der besonders qualifizierten Menschen keine nachhaltige Entwicklung erreichen und dann die Fluchtursachen im Land noch weiter verstärkt werden.

Hier müßte jeder, der etwas nachdenkt doch sehen, dass es so, wie es läuft weder für uns noch für die Millonen Menschen gut ist, die eben nicht das Geld zur Flucht haben. Und wer will schon in besonders asozialen Gesellschaften mit hohem Wohlstandsgefälle leben?

Sehr geehrter Sozialpädagoge MV, Sie haben sich sehr umfangreich geäussert. Mir scheint, dass Ihre große Angst vor allen Dingen darin besteht, dass Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlinge unsere Gesellschaft unsozialer machen. Das ist eine Sorge, die zahlreiche Menschen haben und daher wollen wir Ihnen eine Analyse zu diesem Thema empfehlen.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/fluechtlinge-wie-migranten-deutschland-gepraegt-haben-a-1051994.html

Ansonsten finden Sie viele Argumente und Fakten, die Ihre Sorgen entkräften in unserer täglichen Presseschau oder unter dem Thema: Willkommenskultur

http://www.politische-bildung-brandenburg.de/themen/willkommenskultur

Wir wollen auch nicht in einer asozialen Gesellschaft leben und nehmen die Fragen der Menschenwürde und der Grundrechte aller Menschen sehr ernst. Daher tun wir alles, um verfolgten Menschen ein warmes Willkommen zu bieten und die Sorgen der Skeptiker zu entkräften. Denn das ist unser Land!

 

We have just elected President Trump for the highest office of our land. One of his election promises was to expel illegal aliens from our country. An illegal alien under our laws is defined as a person that has crossed our border without the required legal vetting in terms of background checks for past criminal or terrorist activity. Such a person is a potential security risk for our country. Think San Bernardino California for instance.

After observing what has transpired in European countries such as Sweden, Germany, and France Americans we the People have decided to vote for a leader that will vigorously enforce our existing immigration laws.

Und das ist gut so.

The left antifa wants to open up borders without consideration for security risks for the indigenous population. Merkel has put this into practice in Germany by breaking existing laws and treaties with disasterous results. Think New Year celebration Cologne and Berlin Christmas market.

We the people will do everything in our power to never have such outrages in our country.

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