Resolution gegen Extremismus, aber welchen?

Wenn die Politik über ein Vorgehen gegen Extremismus streitet. Ein Kommentar.

Flugblätter in Jugendklubs, beschmierte Stolpersteine, Bedrohung von Initiativen und Politikern: Die Landkreise in Brandenburg klagen in jüngster Zeit über einen merkbaren Anstieg rechter Übergriffe.


Erfreulich, dass sich in einigen Regionen aus diesem Grund neue Zusammenschlüsse gegen Rechtsextremismus gebildet haben. So geschehen auch im Landkreis Teltow-Fläming. Am Ende stand eine Resolution, die sich für aktives Vorgehen gegen rechte Gewalt und weitreichende Prävention aussprach.


So weit so gut. Etwas fragwürdig erscheinen mir aber die Diskussionen am Rande des Beschlusses. Nach Berichten der Märkischen Allgemeinen verlangte die CDU-Fraktion die Ergänzung um eine deutliche Position auch gegen linken Extremismus.

Warum nicht?, denke ich mir, zeigen doch die Berichte der Verfassungsschutzbehörden eine Zunahme im Bereich linksextremer Vergehen. In ihrer Begründung der Forderung relativierte die Fraktion jedoch die Gefahr rechtsextremer Aktivitäten. Entsprechende Empörung äußerten die Abgeordneten der anderen Fraktionen und lehnten zugleich mehrheitlich die Berücksichtigung des Linksextremismus in der Erklärung ab: Es verwässere die politische Aussage der Resolution.


Nachvollziehen kann ich diese Debatte nicht, eher wirkt sie wie ein Kampf um politische Positionierungen. Sollte im Sinne einer demokratischen Aufklärung nicht jede Form des Extremismus abgelehnt werden?

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Kommentare

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Liebe #Alexa,

in der Tat stimme ich zu, dass am Ende des Tages entscheidend ist, wie man den Umgang mit Extremismus gestaltet und aktiv zu einer demokratischen Aufklärung beiträgt. Und doch: Warum lässt sich Extremismus als solcher nicht ablehnen? Nichts anderes stellt doch letztlich die erwähnte Resolution dar: ein kollektives Statement gegen (rechten) Extremismus.

Warum gibt es nun aber kaum vergleichbare Studien zum Linksextremismus? Zum einen ist eine Untersuchung zu linksextremen Einstellungen u.a. deshalb problematisch, da sich der Begriff Linksextremismus selbst einer eindeutigen Definition entzieht und eine weites Spektrum an politischen Positionen unter diesen Terminus fallen. Zum anderen zeigen aktuelle Studien - wie z.B. erst am Montag von der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlicht - dass rechtsextremes Denken ein bundesweit wachsendes Problem darstellt und quantitativ eine größere Gefahr darstellt.

An diesem Punkt möchte ich jedoch #Marion widersprechen. Natürlich sollte man den realpolitischen Gegebenheiten Beachtung schenken und eine völlige Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus ist nicht zielführend. Ruft man sich jedoch "das rote Jahrzehnt" (1967 bis 1977) in Erinnerung, liegt eine linksextreme Bedrohung in Deutschland nicht mehr als 40 Jahre zurück. Ist es nicht sinnvoller präventiv zu agieren als hinterher zu reagieren?

Verehrte Aleksa,

wenn ein paar langhaarige alt-68er aus dem Westen mit Che Guevara T-Shirt und kubanischer Zigarre bewaffnet anfangen deutschlandweit Jagd auf „Dönerbuden“-Besitzer zu machen, dann dürfen Sie gern eine solche Studie anregen. Solange aber verstehe ich Ihren Beitrag als reine Polemik. Sie wissen nämlich als scheinbar aufmerksame Zeitungsleserin zu gut, dass die Realität in Deutschland anders aussieht. Schauen Sie sich mal die Gewaltstruktur und die Opferzahlen an, (und wenn sie schon dabei sind, vielleicht auch mal das Wort Terrorist nachschlagen), dann könnten Sie womöglich zu einem anderem Ergebnis gelangen, anstatt das uralte Links-Rechts-Gleichsetzungsmantra vorzubeten. Und unbedingt auch einen Blick auf die bundesdeutsche Politik im Umgang mit dem Rechtsextremismus werfen  - muss nicht mal die Verfassungsschutzdebatte sein, reicht auch ein Blick auf die Arbeit der „Schröder-Behörde“. Wenn Sie mögen, kann ich Ihnen einige Anregungen und Lektüretipps geben.

Ob grundsätzlich irgendwelche Resolutionen bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus zielführend sind, mag dahin gestellt sein. Da gebe ich Ihnen ausnahmsweise recht. Das Problem ist nicht der „geächtete Rechtsextremismus“, sondern die extremen  Einstellungen, die mit der vermeintlichen Mitte der Gesellschaft kompatibel sind.

MfG

M.C.

Extremismus muss man überhaupt nicht ablehnen, er gehört zu modernen Gesellschaften. Die Frage stellt sich so also gar nicht. Die Frage ist vielmehr, wie geht man damit um? Dass eine parteiübergreifende Resolution gegen Rechtsextremismus nicht zwangsläufig nur politische  Polemik sein muss, scheint vor allem im Osten deutlich. 16 Prozent der Ostdeutschen denken rechtsradikal, Tendenz steigend. Im Westen sind es 7 Prozent, leicht fallend. Das zeigt auch, dass die NPD mit ihrer Verlagerungstaktik in den Osten erfolgreich war und der Aufbau informeller Strukturen unterhalb der Parteienebene wirksam zu sein scheint. Vermutlich gibt es mehr Menschen in Deutschland, vermutlich im Westen, die linksradikal denken und meinen, Che Guevara sei kein Terrorist, sondern ein Freiheitskämpfer gewesen. Aber dazu gibt es eben keine vergleichbaren Studien. Warum eigentlich?

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