Einfache Sprache: Meinungsfreiheit
Wenn wir von Meinungsfreiheit sprechen, reden wir eigentlich von der Meinungsäußerungsfreiheit, das heißt dem Recht, eine Meinung frei zu äußern. Das Recht auf Meinungsfreiheit soll verhindern, dass der Staat mit Hilfe seiner Organe die öffentliche Meinungsbildung bestimmt, beeinträchtigt, verhindert oder gar verbietet.
In Deutschland ist die Meinungsfreiheit ein Grundrecht, das im Grundgesetz geschützt wird. Artikel 5 beschreibt dieses Recht ausdrücklich: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt."
Darf man also alles sagen? Angesichts der schier unerschöpflichen Meinungsäußerungen im Internet regte der britische Historiker und Karlspreisträger Timothy Garton Ash eine breite Debatte darüber an:
Da Meinungsfreiheit nie unbeschränkte Redefreiheit bedeutet hat (jeder gibt alles von sich, was ihm in den Sinn kommt: globaler Sprechdurchfall), muss diskutiert werden, welche Grenzen die Meinungs- und Informationsfreiheit in wichtigen Bereichen wie etwa der Privatsphäre, der Religion, der nationalen Sicherheit oder der Art, wie wir über die Unterschiede zwischen Menschen reden, haben sollte." Redefreiheit. Prinzipien für eine vernetzte Welt (München 2016, S. 14)
Die Freiheit, seine Meinung zu äußern, ist zwar ein Grundrecht, aber auch dieses hat Grenzen. Das Grundgesetz bestimmt die Einschränkungen ausdrücklich "in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre."
Zu den allgemeinen Gesetzen zählen Rechtsvorschriften, die zum Schutz des Gemeinwohls und der Rechte Dritter erlassen wurden. Grenzen setzen zum Beispiel das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und das Strafgesetzbuch (StGB), aber auch allgemein-gültige Rechtsverordnungen wie etwa die Strafprozessordnung (StPO) und das Polizeirecht.
Wer diese Bestimmungen verletzt, muss mit strafrechtlichen Folgen rechnen, etwa weil eine andere Person beleidigt wurde. Dabei geht es nicht um die Bestrafung einer Meinung. Denn juristisch gesehen, ist eine Meinung ein subjektives Werturteil, die Ansicht einer bestimmten Person. Das kann eine persönliche Stellungnahme oder eine Schlussfolgerung aus einem bestimmten Fakt oder Geschehen sein. Deshalb kann eine Meinung rechtlich gesehen auch nicht als "richtig" oder "falsch" bewertet werden.
Anders ist es mit einer Tatsachenbehauptung. Sie ist überprüfbar. Stellt sie sich als falsch heraus, kann sie zum Straftatbestand werden (zum Beispiel Beleidigung § 185, Verleumdung § 187 und unter Umständen zur Volksverhetzung nach § 130 StGB). Vor Gericht wird unter anderem geprüft, ob sich hinter einer als Meinung deklarierten Äußerung eine strafbare Behauptung verbirgt.
Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Aussage "Alle Soldaten sind Mörder". Dieses Zitat des Dichters Kurt Tucholsky hatte ein Pazifist 1994 in Deutschland als Auto-Aufkleber verwendet. Das Bundesverfassungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass die Aktion vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sei, solange es sich um eine allgemeinpolitische Aussage handle, die sich nicht gegen einen bestimmten Soldaten oder die Bundeswehr richte. In diesem Fall könnte der Straftatbestand der Beleidigung gelten und die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden.
Gegen das Urteil gab es zahlreiche Proteste von Politikern und Regierungsvertretern. Vor dem Grundgesetz sind aber alle Meinungen gleich. Der Staat darf nicht als Wertungsrichter oder Meinungswächter auftreten. Es ist grundsätzlich die Sache der Zivilgesellschaft, im gesellschaftlichen Gespräch Meinungen zu favorisieren oder zurückzuweisen. Auch das ist mit Demokratie leben gemeint.
BLPB, September 2018
(tw)
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