Politische Neutralität

Neutralität bedeutet, für niemanden Partei zu ergreifen und keine Seite zu bevorzugen. Zum Beispiel muss ein Schiedsrichter oder eine Schiedsrichterin im Sport neutral sein und darf nicht ein Team oder eine Person im Wettbewerb bevorzugen.
 
Politische Neutralität bezieht sich speziell auf Parteipolitik und staatliches Handeln. Sie bedeutet, dass staatliche Organe und Amtsträger keine politische Partei bevorzugen oder benachteiligen dürfen (Neutralitätsgebot). Dies soll verhindern, dass staatliche Macht für parteipolitische Zwecke missbraucht wird.
 
Das "Neutralitätsgebot" ist kein fest definierter Rechtsbegriff. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, die staatlichen Stellen Neutralität gegenüber Parteien oder politischen Akteuren vorschreibt, gibt es nicht. Die Rechtsprechung leitet die Neutralitätspflicht der Staatsorgane aber indirekt aus dem Grundgesetz (GG) her. So ist es nach Artikel 21, Absatz 1, Satz 1 Aufgabe der Parteien, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Die Rechtsprechung folgert unter anderem aus dem Vergleich zu Parteien, dass Staatsorgane im politischen Meinungskampf neutral bleiben und die Chancengleichheit der Parteien wahren müssen.
 

Wer muss sich politisch neutral verhalten?

  • Staatliche Organe wie Behörden, Ministerien, Polizei und die Bundeswehr.
     
  • Amtsträger und Beamte zum Beispiel Polizistinnen und Polizisten, Richterinnen und Richter, Mitarbeitende der Verwaltung, wenn sie in ihrer amtlichen Funktion handeln.
     
  • Schulen und Lehrkräfte – sie dürfen Schülerinnen und Schüler nicht politisch beeinflussen.
     
  • Öffentlich-rechtlicher Rundfunk – er muss objektiv und ausgewogen berichten.
     
Wichtig ist: Privatpersonen, Parteien oder Vereine müssen nicht politisch neutral sein – sie dürfen ihre politische Meinung frei äußern.
 
Illustration zur Wahl: Eine Hand hält einen Kompass
© Großstadtzoo/BLPB

Rechtsgrundlagen in Deutschland

Das politische Neutralitätsgebot leitet sich aus verschiedenen rechtlichen Grundlagen ab, darunter:

1. Grundgesetz (GG):

  • Art. 21 GG: Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.
  • Art. 3 GG: Niemand darf wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.
  • Art. 5 GG: Meinungsfreiheit – jeder darf seine Meinung frei äußern, eine Zensur findet nicht statt. 

2. Beamtenrecht: Beamte müssen unparteiisch und objektiv handeln. (Ausnahme: Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung)

3. Schulgesetze der Länder: Lehrkräfte müssen sich neutral verhalten (Ausnahme: Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung).
 
4. Rundfunkstaatsvertrag: Verpflichtung zur Ausgewogenheit. 

Wo sind die Grenzen politischer Neutralität? 

Politische Neutralität bedeutet nicht, sich neutral gegenüber den Werten unserer Gesellschaft verhalten zu müssen. Im Gegenteil, das Grundgesetz und die freiheitliche demokratische Grundordnung bilden immer den Rahmen. Das heißt, staatliche Organe und Behörden dürfen nicht neutral sein gegenüber den Feinden der Demokratie. Sie sind verpflichtet, extremistische und andere verfassungsfeindliche Erscheinungen zu benennen und die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verteidigen (wehrhafte Demokratie). Dieses Recht haben übrigens auch alle Deutschen. Im Grundgesetz, Artikel 20, Absatz 4 heißt es: "Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist."
 
  • Staatliche Akteure dürfen nicht neutral sein, wenn es um die Verteidigung der Demokratie geht. Zum Beispiel müssen Lehrkräfte über extremistische, demokratiefeindliche Ideologien aufklären. Behörden müssen nicht neutral gegenüber extremistischen Gruppen sein. Polizistinnen und Polizisten dürfen nicht Mitglied in verfassungsfeindlichen Organisationen sein.
     
  • Privatmeinung: Beamte dürfen privat eine Meinung haben und äußern, solange sie nicht ihre Amtsneutralität verletzen (zum Beispiel ist Wahlwerbung im Dienst verboten).
     
  • Regierungshandeln: Regierungen dürfen Politik erklären und für ihre Arbeit werben, aber nicht für eine Partei Wahlkampf machen.
     

Neutralität in der politischen Bildung

"Als Landeszentrale haben wir den Auftrag, überparteilich zu agieren. Das heißt, wir handeln nicht im Interesse oder Auftrag einer bestimmten Partei. Darüber wacht ein Kuratorium. Wir treten aber engagiert für die Werte und Normen unserer Verfassung ein und in diesem Rahmen debattieren wir gern über alles." (Dr. Martina Weyrauch, von 2000 bis 31.01.2025 Leiterin der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung)

Kein parteipolitisches Neutralitätsgebot für freie Träger

Träger der freien Jugendhilfe sowie andere nicht-staatliche Organisationen wie Bildungsstätten und weitere nicht-staatliche Einrichtungen der außerschulischen politischen Bildung sind keine Staatsorgane. Damit sind sie grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, sich neutral im politischen Wettbewerb der Parteien zu verhalten. Sie dürfen sich für eine Partei aussprechen. Staatsorgane hingegen müssen sich neutral verhalten, da sich „die Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen hin vollzieht, und nicht umgekehrt von den Staatsorganen zum Volk hin“, wie es das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil formuliert hat. 

"Die übergreifende Geltung eines Neutralitätsgebotes für nicht-staatliche Akteure ist daher ein Mythos! Er wird instrumentalisiert, um freie Träger einzuschränken und zu diskreditieren", so der Arbeitskreis Deutscher Bildungsstätten

Mythos Neutralitätsgebot. Eine Handreichung des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten (2025)

Diese Handreichung klärt den Sachverhalt zum Thema Neutralität und soll insbesondere Jugendverbände und -ringe, Bildungsstätten sowie andere Träger der außerschulischen politischen Bildung in ihrem politischen Handeln unterstützen. 

Schule ist kein neutraler Ort

Im schulischen Kontext wird neben Artikel 21 des Grundgesetzes (GG) häufig auch der Beutelsbacher Konsens als Maßstab für das „Neutralitätsgebot“ herangezogen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass sich weder aus dem GG noch aus den in Artikel 28 der brandenburgischen Landesverfassung verankerten Bildungsgrundsätzen eine Werteneutralität ableiten lässt. Schulen haben vielmehr den Auftrag, Schülerinnen und Schüler zu mündigen, verantwortungsvollen Bürgerinnen und Bürgern zu erziehen – dies schließt die Vermittlung demokratischer Werte ausdrücklich ein. Nichtsdestotrotz führt die öffentliche Debatte um das „Neutralitätsgebot“ in der schulischen Praxis teilweise zur Verunsicherung bei Lehrkräften und Schulleitungen.

Wie politisch darf Schule sein? 
Meinungsfreiheit und pädagogischer Auftrag. Ein Handout des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (2025)

Das Handout soll Schulen im Land Brandenburg eine Orientierung geben, wie sie mit der Thematik des „Neutralitätsgebots“ umgehen können, wie sich der rechtliche Rahmen darstellt und wie sich dies konkret in der Praxis gestaltet. 

BLPB, Juli 2025

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