Gedenktag: 20. Juli

Der 20. Juli ist in der deutschen Erinnerungskultur vor allem mit dem Jahr 1944 verbunden. Heute gilt er in der öffentlichen Wahrnehmung als Symbol des militärischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus. Am 20. Juli 1944 hatte eine Gruppe hoher Offiziere um Claus Schenk Graf von Stauffenberg das letzte dokumentierte Attentat auf Adolf Hitler verübt. Dieser überlebte, die Verschwörer wurden als Vaterlandsverräter hingerichtet.

Lange Zeit hat sich die deutsche Öffentlichkeit schwergetan mit den Männern und Frauen, die gegen die Nationalsozialisten Widerstand geleistet haben. Die Todesurteile gegen die Akteure des 20. Juli 1944 wurden vom Deutschen Bundestag 1998 aufgehoben, die gegen andere Widerstandsgruppen, zum Beispiel die der "Roten Kapelle", erst 2009.

Die Erinnerung an den 20. Juli entwickelte sich in mehreren Etappen. Nach dem Krieg galt die nationalsozialistische Propaganda zunächst weiter, wonach die Gruppe aus Ehrgeizlingen bestand, die einen Eidbruch begangen und das Vaterland verraten hätten. Diese hatte sich in den Köpfen vieler Menschen festgesetzt und hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Gesellschaft. So wurden die Kinder von hingerichteten Widerstandskämpfern noch viele Jahre als "Verräterkinder" verunglimpft. Lange mussten viele Angehörige der Widerstandskämpfer für Waisenrenten und eine Haftentschädigung kämpfen.

Für uns Hinterbliebene war es sehr erstaunlich, dass wir unsere Ansprüche über Jahre vor Gericht erstreiten mussten, und später erfuhren, dass die Witwe Roland Freislers, der meinen Vater zum Tode verurteilt hatte, problemlos eine Pension bekam", so ein Angehöriger.

In den 1960er Jahren begann, angestoßen durch zeithistorische Forschungen, ein Umdenken in der Bundesrepublik. Dennoch warnen Forschende bis in die Gegenwart davor, die Männer des 20. Juli in die demokratische Tradition der Bundesrepublik zu stellen. Die gesellschaftlichen Vorstellungen der Gruppe seien vage und unterschiedlich gewesen. Es ging ihren Mitgliedern um die Herstellung von Recht und Freiheit, wobei eine Rückkehr zur Weimarer Republik ausgeschlossen wurde. Der Politikwissenschaftler Tilman Mayer hob jedoch die "ungeheure Leistung in dürftiger Zeit"  aller Beteiligten hervor. 

Denn wir haben zur Kenntnis zu nehmen, dass die meisten der Juli-Akteure nicht geborene Gegner Hitlers waren, sondern dass sie erst dazu wurden. Aus der Partizipation entstand erst die Opposition. Zur Opposition, ja zur Gegnerschaft Hitlers zu kommen, beruhte auf eigener Einsicht, die nicht von Anfang an gegeben war. Die Opposition blieb winzig klein, denn Heldentum macht einsam..." Prof. Tilman Mayer

In der DDR, die vor allem den kommunistischen Widerstand hervorhob, wurden die Attentäter unter den Kriterien des Klassenkampfes bewertet und deshalb als reaktionäre Junker bezeichnet. Erst in den 1980er Jahren wurden auch sie als Teil des Widerstands beachtet, spielten jedoch immer eine untergeordnete Rolle im Vergleich zu kommunistischen Widerstandskämpferinnen und -kämpfern.

Die Gedenkstätte Deutscher Widerstand

informiert mit einer umfangreichen Dauerausstellung, wechselnden Sonderausstellungen, Veranstaltungen und Publikationen über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Die Gedenkstätte will zeigen, wie sich einzelne Menschen und Gruppen in den Jahren 1933 bis 1945 gegen die nationalsozialistische Diktatur gewehrt und ihre engen Handlungsspielräume genutzt haben.

Eine neue Qualität in den politischen Debatten um das Gedenken an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus ist in den letzten Jahren im deutschen Parteienspektrum insbesondere seitens der Alternative für Deutschland (AfD) festzustellen. Historiker wie Peter Steinbach, wissenschaftlicher Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin, befürwortete 2018 ausdrücklich eine andauernde Neubewertung und kritische Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte aus, wandte sich dabei aber vehement gegen eine Instrumentalisierung für politische Zwecke und symbolträchtige Inszenierungen. Im Kern gehe es um die Frage, ob die Erinnerung der humanen Orientierung dienen oder in eine historisch geprägte, sogenannte Leitkultur überführt werden sollte.

Ähnlich auch 2024 der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner: Er warnt vor einer Instrumentalisierung des Gedenktages durch Rechtsextreme. Die Szene habe überwiegend einen positiven Bezug zur Widerstandsgruppe vom 20. Juli. Dies müsse man jedoch als "Instrumentalisierung und Geschichtsklitterung" bezeichnen.

Er erklärte, Rechtsextreme würden heute teilweise ihre eigene Rolle in der Opposition gegen die Regierung mit dem Widerstand des Stauffenberg-Kreises gegen den Nationalsozialismus vergleichen. Allein das sei eine Anmaßung, so Wagner. Niemand müsse schließlich heute befürchten, zum Tode verurteilt zu werden.

Für die Bundeswehr ist der 20. Juli seit 1999 ein fester Termin zur Vereidigung von Rekruten in Berlin. Bis in die Gegenwart aber gibt es kritische Stimmen. Sie schlagen für das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr den 22. Februar 1943 vor. An diesem Tag wurden die Geschwister Sophie und Hans Scholl als Mitglieder der christlichen Widerstandgruppe „Weiße Rose“ hingerichtet.

BLPB, Juli 2014 (zuletzt aktualisiert: Juli 2024)

Lesetipp

 

Linktipps

  • 20. Juli 1944: Attentat auf Adolf Hitler

    Vor 80 Jahren scheiterte die Widerstandsgruppe um Claus Schenk Graf von Stauffenberg mit ihrem Attentatsversuch auf Adolf Hitler. Der Umsturzversuch war eine der bedeutendsten NS-Widerstandsaktionen. (bpb, 15.07.2024)

  • Das Erbe des 20. Juli

    Nachkommen von Widerstandkämpfern lässt das Erbe ihrer Vorfahren nicht los. „Wie hätte ich mich verhalten?“, fragen sich manche – und fühlen sich heute durch Rechtsextremismus und die AfD herausgefordert. (Deutschlandfunk, 18.07.2019)

Kommentare

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Wie kann man Stauffenberg als Held des widerstand nennen. Unglaublich.

Solange Deutschland siegte hat er alles mitgemacht und war eine antisemitist wie alle in Hitler Regime.
Wie kann man so ein Typ Ehre als grosse wiederstandkaempfer?

Just a bit of history of who Klaus von Staufenberg was.
His brother, Prof. Alexander von Staufenberg, was interviewed by a professor of history. He said:
... My brother Karl saw himself obliged to the whole German nation. This brought him to bless Hitler's triumph as a new beginning. He proposed himself as the glorious Governor of France after her capitulation in 1940. He was cross with Hitler that he did not invade Great Britain.
He was a member of the Stefan George group, an anti-Semitic group. George published his book "The New Reich" in 1928, expecting a rise of a superman that will unite the German State and its culture.
At the presidential election, with von Hindenburg and Hitler as candidates, Klaus von Staufenberg voted for Hitler.
The planting of the bomb was done at a time when everybody, including the Germans, knew that the war was lost. There was no organized plot to assassinate Hitler while Germany was victorious. The Oster conspiracy started before the war. The conspirators there were afraid that Hitler's invasion of Czechoslovakia would bring a war with the Western Powers. Unfortunately the Munich agreement gave him the Sudetenland without a fight.

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