Repräsentative Demokratie

Die Bundesrepublik ist eine repräsentative Demokratie. Parteien spielen darin eine herausragende Rolle, weshalb man auch von Parteiendemokratie spricht. Doch ist diese Form der Demokratie noch zeitgemäß?

Repräsentative Demokratie
© Großstadtzoo

Kompakt erklärt: Repräsentative Demokratie

Deutschland ist als parlamentarische Demokratie organisiert und somit eine repräsentative Demokratie. Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger wählen in allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen ihre politischen Interessenvertreter. Der Regierungschef - der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin - werden durch das Parlament, den Deutschen Bundestag, gewählt.

Parteien, die miteinander um Einfluss und Macht konkurrieren, spielen in diesem System eine herausragende Rolle, weshalb man auch von Parteiendemokratie spricht. Sie stellen die Kandidaten für politische Ämter und nehmen zusätzlich Einfluss auf die Rekrutierung und die Besetzung von leitenden Positionen in Verwaltungen und Gerichten. Ein hoher Machtfaktor, der große Verantwortung mit sich bringt.

Die bundesdeutsche Parteiendemokratie wird gegenwärtig von fünf Parteien bestimmt, die seit der letzten Bundestagswahl am 23. Februar 2025 mit ihren Fraktionen im Bundestag vertreten sind: CDU/CSU, AfD, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Partei Die Linke. 

In den letzten Jahren sind insbesondere die großen so genannten Volksparteien (CDU und SPD) in die Kritik geraten. Sie leiden unter Mitgliederschwund, Führungsschwäche, Überalterung - und nicht zuletzt an Zustimmung in der Bevölkerung. 

Parteiendemokratie

Im Grundgesetz sind Parteien im Artikel 21 erstmals fest in einer deutschen Verfassung verankert. Und das in den 1960er Jahren beschlossene Parteiengesetz bindet sie stärker als alle anderen gesellschaftlichen Vereinigungen an  demokratische Spielregeln*

Die deutsche Wiedervereinigung stellte einen großen Bruch in der bundesdeutschen Parteiendemokratie dar. Die fünf neuen Bundesländer hatten kaum praktische Erfahrung mit einem Mehrparteiensystem und viele Menschen standen Politikerinnen und Politikern aufgrund ihrer Erlebnisse in der DDR misstrauisch gegenüber. Das steigerte sich noch mit den Problemen und dem sozialen Umbruch, die der Transformationsprozess der Wendezeit mit sich brachte. Den Parteien wurde zugeschrieben, den Herausforderungen nicht mehr gewachsen zu sein - eine Entwicklung, die bis heute anhält.

Daraus leitet sich auch die Frage ab, ob die Parteiendemokratie noch zeitgemäß ist oder ob wir andere Demokratieformen brauchen.

Das demokratietheoretische Ideal besteht darin, dass die Regierenden den "Willen des Volkes" als Grundlage des politischen Handelns respektieren. Doch das Volk hat - mit Ausnahme kommunalpolitischer Entscheidungen - einen verhältnismäßig geringen direkten Einfluss auf das, was in den politischen Prozess inhaltlich einfließt. Die ist das Ergebnis politikwissenschaftlicher Studien. Auch viele Menschen haben das Gefühl, dass sie selbst wenig in der "großen Politik" bewegen können.

Eine Illustration. Menschen in bunten Pullovern sitzen an einen halbrunden Tisch. In der Mitte der Brandenburger Adler.
© Anne Albert

Parteien in Brandenburg

Charakteristisch für die politische Struktur Brandenburgs war seit 1990 die Dominanz der SPD in einem Parteiensystem mit drei großen und weiteren kleinen Parteien. In den letzten Jahren hat jedoch die AfD starke Wahlgewinne auf Bundes- und Landes- und kommunaler Ebene erzielt.

Ist die Parteiendemokratie noch zeitgemäß?

Schon länger sehen kritische Stimmen einen Rückgang an Möglichkeiten für eine demokratische Teilhabe. Demzufolge würden zunehmend Lobbygruppen, Expertengremien, privilegierte Eliten, Massenmedien und starke Führungspersönlichkeiten Themen auf die politische Agenda setzen. Der britische Politikwissenschaftler und Soziologe Colin Crouch hat dafür den Begriff "Postdemokratie" geprägt und damit einen neuen Entwicklungsabschnitt gekennzeichnet, der nach der Demokratie, wie sie in westlichen Ländern verstanden wurde, begonnen habe. Er versteht darunter eine Gesellschaft, in der zwar nach wie vor Wahlen abgehalten werden, in der allerdings "konkurrierende Teams professioneller PR-Experten die öffentliche Debatte während der Wahlkämpfe so stark kontrollieren, daß sie zu einem reinen Spektakel verkommt, bei dem man nur über eine Reihe von Problemen diskutiert, die die Experten zuvor ausgewählt haben."*

Darüber hinaus prägen starke Führungspersönlichkeiten - oft medienwirksam begleitet, zunehmend das Gesicht der Politik. Ob Helmut Kohl, Angela Merkel oder Wladimir Putin in Russland, ihr Führungsstil wurde und wird oft als autoritär und undemokratisch wahr genommen. Die parlamentarische Demokratie entwickelt sich damit stärker zu einer so genannten "leader democracy" (leader = engl. für Leiter, Führer, democracy = Demokratie), in der die Konzentration auf eine Person und ihre "story" den Blick auf Sachverhalte immer häufiger verstellt. Langfristig höhlt dieser Prozess die Wirksamkeit von Parteiendemokratien aus. Das ist nicht ungefährlich, denn auf Parteien als Kernstück einer parlamentarischen Demokratie scheint unsere Gesellschaft zumindest momentan nicht verzichten zu können.

Parteien sind für die Meinungsbündelung nach wie vor notwendig. Ohne sie sind Abstimmungen und Wahlen auf Landes-, Bundes-, und Europaebene kaum denkbar. Sie stellen das politische Personal. Das erfordert jedoch ein hohes Maß an Selbstkontrolle und Selbstdisziplin. Die Parteiendemokratie existiert nach wie vor als großer Rahmen. Aber sie ist anderen Rahmenbedingungen unterworfen: Die Herausforderungen, die das Internet an demokratische Gesellschaften stellt, sind zwar inzwischen als bedeutsam erkannt worden, jedoch bestehen große Meinungsunterscheide unter den Parteien, wie ihnen zu begegnen ist. Inwieweit soll zum Beispiel das Internet reguliert werden? Soziale Medien und digitale Angebote haben jedoch das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger in der Gesellschaft und gegenüber Beteiligungsangeboten verändert. Sie eröffnen neue Möglichkeiten der politischen Einflussnahme und demokratischen Teilhabe auf der einen Seite und schließen auf der anderen Seite auch Menschen aus, die aus unterschiedlichen Gründen keinen Zugang zu digitalen Angeboten haben.

Als erste bedeutsame Partei im bundesdeutschen Parteiensystem hat die AfD die Möglichkeiten für die Gewinnung von Stimmen in den sozialen Medien erkannt und genutzt. Andere Parteien reagierten mit Verzögerung und sind nun auch auf TikTok oder Instagram vertreten.

Mehr direkte Demokratie - diese Forderung taucht in den letzten Jahren verstärkt und mit zunehmendem Zuspruch auf. So hat der Mehr Demokratie e.V. eine wahrnehmbare Reichweite auch in die Politik erreicht und Parteien wie Volt sprechen damit vor allem junge Wahlberechtigte auf europäischer Ebene an. 

Zuletzt hat der Soziologe Steffen Mau vorgeschlagen, die neuen Bundesländer als Laboratorium zur Erprobung direkter Demokratie als Ergänzung der repräsentativen Demokratie für die Zukunft in den Blick zu nehmen. 

Lesetipp

BLPB, Januar 2014 (zuletzt bearbeitet im Mai 2025)

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Kommentare

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Sehr geehrter Joachim Datko,

vielen Dank für Ihren Hinweis. Der Beitrag ist von 2014, daher bezogen sich die Zahlenangaben auf den Stand von 2014. Wir haben den Beitrag nach Ihrem Hinweis aktualisiert. Mit herzlichen Grüßen, das Team der Landeszentrale

Zitat: "Die bundesdeutsche Parteiendemokratie wird gegenwärtig von fünf großen Parteien bestimmt: der Schwesternpartei CDU/CSU, der SPD, der FDP, Bündnis 90/Die Grünen und der Partei Die Linke."

Z. B. ist die AfD nicht aufgeführt, obgleich sie mit 152 Abgeordneten 24 % der Abgeordneten im Parlament stellt. Damit ist sie die zweitstärkste Partei.

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