Repräsentative Demokratie

Die Bundesrepublik ist eine repräsentative Demokratie. Parteien spielen darin eine herausragende Rolle, weshalb man auch von Parteiendemokratie spricht. Doch ist diese Form der Demokratie noch zeitgemäß?

Repräsentative Demokratie
© Großstadtzoo

Kompakt erklärt: Repräsentative Demokratie

Deutschland ist als parlamentarische Demokratie organisiert und somit eine repräsentative Demokratie. Das heißt, die Bürgerinnen und Bürger wählen in allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen ihre politischen Interessenvertreter. Der Regierungschef - der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin - werden durch das Parlament, den Deutschen Bundestag, gewählt.

Parteien, die miteinander um Einfluss und Macht konkurrieren, spielen in diesem System eine herausragende Rolle, weshalb man auch von Parteiendemokratie spricht. Sie stellen die Kandidaten für politische Ämter und nehmen zusätzlich Einfluss auf die Rekrutierung und die Besetzung von leitenden Positionen in Verwaltungen und Gerichten. Ein hoher Machtfaktor, der große Verantwortung mit sich bringt.

Die bundesdeutsche Parteiendemokratie wird gegenwärtig von fünf großen Parteien bestimmt: der Schwesternpartei CDU/CSU, der SPD, der FDP, Bündnis 90/Die Grünen und der Partei Die Linke. Bislang ist es keiner der in den letzten Jahren neu gegründeten Parteien - etwa den Piraten oder der Alternative für Deutschland (AfD) gelungen, sich dauerhaft als Machtfaktor neben ihnen zu etablieren.

In den letzten Jahren sind insbesondere die großen so genannten Volksparteien in die Kritik geraten. Sie leiden unter Mitgliederschwund, Führungsschwäche, Überalterung - und nicht zuletzt an Zustimmung in der Bevölkerung. Diese schlägt sich in niedriger Wahlbeteiligung und allgemeiner Politikverdrossenheit nieder.

Parteiendemokratie

Im Grundgesetz sind Parteien im Artikel 21 erstmals fest in einer deutschen Verfassung verankert. Und das in den 1960er Jahren beschlossene Parteiengesetz bindet sie stärker als alle anderen gesellschaftlichen Vereinigungen an  demokratische Spielregeln*

Die deutsche Wiedervereinigung stellte einen großen Bruch in der bundesdeutschen Parteiendemokratie dar. Die fünf neuen Bundesländer hatten kaum praktische Erfahrung mit einem Mehrparteiensystem und viele Menschen standen Politikern aufgrund ihrer Erlebnisse in der DDR misstrauisch gegenüber. Das steigerte sich noch mit den Problemen und dem sozialen Umbruch, die der Transformationsprozess der Wendezeit mit sich brachte. Den Parteien wurde zugeschrieben, den Herausforderungen nicht mehr gewachsen zu sein - eine Entwicklung, die bis heute anhält.

Daraus leitet sich auch die Frage ab, ob die Parteiendemokratie noch zeitgemäß ist oder ob wir andere Demokratieformen brauchen.

Das demokratietheoretische Ideal besteht darin, dass die Regierenden den "Willen des Volkes" als Grundlage des politischen Handelns respektieren. Doch das Volk hat nur noch geringen Einfluss auf das, was in den politischen Prozess inhaltlich einfließt. Dieser Befund enspringt nicht nur dem Eindruck des Einzelnen, sondern ist ebenso das Ergebnis politikwissenschaftlicher Studien.

Parteien in Brandenburg

Eine Illustration. Menschen in bunten Pullovern sitzen an einen halbrunden Tisch. In der Mitte der Brandenburger Adler.
© Anne Albert

Charakteristisch für die politische Struktur Brandenburgs war seit 1990 die Dominanz der SPD in einem Parteiensystem mit drei großen und weiteren kleinen Parteien. In den letzten Jahren erhalten jedoch AfD und Bündnis 90/Die Grünen wachsende Aufmerksamkeit.

 

Ist die Parteiendemokratie noch zeitgemäß?

Schon länger sehen Kritiker einen Rückgang demokratischer Teilhabemöglichkeiten. Demzufolge würden zunehmend Lobbygruppen, Expertengremien, privilegierte Eliten, Massenmedien und starke Führungspersönlichkeiten Themen auf die politische Agenda setzen. Der britische Politikwissenschaftler und Soziologe Colin Crouch hat dafür den Begriff "Postdemokratie" geprägt und damit einen neuen Entwicklungsabschnitt gekennzeichnet, der nach der Demokratie, wie sie in westlichen Ländern verstanden wurde, begonnen habe. Er versteht darunter eine Gesellschaft, in der zwar nach wie vor Wahlen abgehalten werden, in der allerdings "konkurrierende Teams professioneller PR-Experten die öffentliche Debatte während der Wahlkämpfe so stark kontrollieren, daß sie zu einem reinen Spektakel verkommt, bei dem man nur über eine Reihe von Problemen diskutiert, die die Experten zuvor ausgewählt haben."*

Darüber hinaus prägen starke Führungspersönlichkeiten - oft medienwirksam begleitet, zunehmend das Gesicht der Politik. Ob Helmut Kohl, Angela Merkel oder Wladimir Putin in Russland, ihr Führungsstil wird oft als autoritär und undemokratisch wahr genommen. Die parlamentarische Demokratie entwickelt sich damit stärker zu einer so geannten "leader democracy" (leader = engl. für Leiter, Führer, democracy = Demokratie), in der die Konzentration auf eine Person und ihre "story" den Blick auf Sachverhalte immer häufiger verstellt. Langfristig höhlt dieser Prozess die Wirksamkeit von Parteiendemokratien aus. Das ist nicht ungefährlich, denn auf Parteien als Kernstück einer parlamentarischen Demokratie scheint unsere Gesellschaft zumindest momentan nicht verzichten zu können.

Parteien sind für die Meinungsbündelung nach wie vor notwendig. Ohne sie sind Abstimmungen und Wahlen auf Landes-, Bundes-, und Europaebene kaum denkbar. Sie stellen das politische Personal. Das erfordert jedoch ein hohes Maß an Selbstkontrolle und Selbstdisziplin. Die Parteiendemokratie existiert nach wie vor als großer Rahmen. Aber sie richtet sich nach anderen Spielregeln: Die Herausforderungen, die das Internet an demokratische Gesellschaften stellt, sind momentan noch gar nicht in ihrer gesamten Bedeutung erkannt worden. Sie haben jedoch das Verhalten der Bürgerinnen und Bürger in der Gesellschaft und gegenüber Beteiligungsangeboten verändert. Beobachter sprechen von einer Entwicklung vom Staats- zum Marktbürger. Das heißt, dass sich die Bürgerschaft selbst zunehmend als Konsument politischer Angebote wahrnimmt und ihre Wahlstimme als Zahlungsmittel versteht.*

Maßgeschneiderte Angebote für jeden einzelnen Bürger sind jedoch so gut wie unmöglich und überfordern zunehmend die Parteien.

Mehr direkte Demokratie - diese Forderung taucht wohl auch deshalb in den letzten Jahren häufiger auf, unter anderem von der Partei Die Piraten, aber auch von Bürgerinitiativen, die teilweise auch auf europäischer Ebene agieren. Kritiker weisen auf der anderen Seite auf die niedrige Beteiligung an Volksentscheiden hin, die es auf Länder- und Kommunalebene, auch in Brandenburg, bereits gibt. Das Ergebnis wäre dann nicht mehr, sondern weniger demokratische Legitimation von Entscheidungen.

BLPB, Januar 2014

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