Leichte Sprache: Antisemitismus
Antisemitismus ist eine Form der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (GMF), die in der Existenz der Juden die Ursache aller gesellschaftlichen Probleme sieht. Antisemitismus drückt sich in verschiedener Weise aus. Darunter ist Hass gegen jüdische Menschen eine der zentralen Ausdrucksformen.
Antisemitische Einstellungen und Verhaltensweisen sind seit Jahrtausenden bekannt. Dennoch gibt es bis heute keine allgemein gültige Definition des Begriffs, sondern mehrere sogenannte Arbeitsdefinitionen.
Die "Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit" - heute in der Europäischen Union als "Agentur für Europäische Grundrechte" tätig - entwickelte 2005 eine „Arbeitsdefinition“, die vor allem Behörden als Orientierung dienen soll. Demnach wird unter Antisemitismus eine bestimmte Wahrnehmung von Juden verstanden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann:
„Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und / oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen.“
Im Mai 2016 veröffentlichte die Internationale Allianz für Holocaust-Gedenken (IHRA) eine Arbeitsdefinition, der sich im September 2017 auch die Bundesregierung anschloss. Demnach ist „Antisemitismus ... eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die im Hass auf Juden Ausdruck finden kann. Rhetorische und physische Manifestationen von Antisemitismus richten sich gegen jüdische oder nicht-jüdische Individuen und/oder ihr Eigentum, gegen Institutionen jüdischer Gemeinden und religiöse Einrichtungen.“
Diese Definition soll in Deutschland in der Schul- und Erwachsenenbildung sowie in der Ausbildung der Justiz und der Exekutive berücksichtigt werden.
Demgegenüber wird in der Wissenschaft mit einer erweiterten Definition gearbeitet, die die verschiedenen Facetten des Antisemitismus zu erfassen sucht: Erstens bedeutet Antisemitismus eine Feindschaft gegen Juden und/oder den Staat Israel. Zweitens gibt es verschiedene Formen, von diffamierenden Äußerungen bis hin zur existenziellen Vernichtung. Drittens wurzelt er in unterschiedlichen Motiven: religiös, rassistisch, nationalistisch, sozial, politisch, antizionistisch, ökonomisch.
In Deutschland tritt Antisemitismus nicht ausschließlich als Randerscheinung auf, sondern fast jeder fünfte Deutsche vertritt antisemitische Ansichten. Diese drücken sich überwiegend in negativen Einstellungen gegenüber Juden aus. Eine weit verbreitete Annahme besteht zum Beispiel daran, dass Juden zuviel Geld und damit politischen Einfluss besitzen würden.
Besonders eindrücklich sind Hass und antisemitische Hetze im Internet angestiegen, zuletzt zu beobachten seit dem Angriff der islamistischen Terrorgruppe Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Jüdische Menschen in Deutschland spüren das unmittelbar. Der Verfassungschutz sieht jüdisches Leben bedroht wie lange nicht.
Gideon Botsch über Antisemitismus
Was ist Antisemitismus? Wie zeigt er sich? Und wie sieht jüdisches Leben in Brandenburg eigentlich aus? Darüber haben wir mit dem Antisemitismusexperten Gideon Botsch gesprochen.
Dr. Juliane Wetzel über Antisemitismus in der Gesellschaft
In Deutschland ist Antisemitismus ein Tabu-Thema in der Politik. Fast jeder fünfte Deutsche denkt dennoch antisemitisch. Dr. Juliane Wetzel im Interview über Antisemitismus in der Gesellschaft, Kritik an Israel und warum politische Bildung nicht das Allheilmittel sein kann.
BLPB, November 2013 (zuletzt bearbeitet November 2023)
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