Die deutsch-polnische Grenze

Die deutsch-polnische Grenze ist rund 468 km lang. Sie stand lange im Zentrum politischer Diskussionen. Jetzt soll sie neu vermessen und befestigt werden - ein etwas widersprüchliches Zeichen für die deutsch-polnische Annäherung und den europäischen Einigungsprozess.

Grenzsteine im Wald

Mit der Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze als rechtmäßige Staatsgrenze zwischen Deutschland und Polen – verankert im Zwei-plus-Vier-Vertrag im Rahmen der Deutschen Einheit – wurde am 14. November 1990 die Grundlage für die Erstellung des deutsch-polnischen Grenzvertrages gelegt. Durch diesen Vertrag, der am 16. Januar 1992 in Kraft trat, gab die Bundesrepublik Deutschland alle Ansprüche auf die Gebiete, die östlich der Oder-Neiße-Linie lagen und seitdem zur Republik Polen gehören, auf. Im Sprachgebrauch wird diese Grenze auch als Oder-Neiße-Friedensgrenze bezeichnet.

Mit dem Gesetz zu dem Vertrag vom 16. September 2004, in der Fassung vom 3. Juni 2010, über die Vermarkung und Instandhaltung der gemeinsamen Grenze auf den Festlandsabschnitten sowie den Grenzgewässern und der Einsetzung einer Ständigen Deutsch-Polnischen Grenzkommission werden Festlegungen und Regeln zur gemeinsamen Grenze aufgeführt, die zu beachten sind und die im Nachfolgenden auszugsweise beleuchtet und mit den derzeit praktischen Arbeiten auf dem Gebiet des Landes Brandenburg untersetzt werden.

Grenzverlauf

Die deutsch-polnische Grenze verläuft überwiegend entlang der Flüsse Oder und Lausitzer Neiße. Sie hat eine Gesamtlänge von ca. 460,4 km, wovon 50 km auf dem Land, 389,8 km in Flüssen und Kanälen und ca. 30 km in den übrigen Gewässern liegen. Auf das Land Brandenburg entfallen davon ca. 264 km Gewässergrenze und ca. 15 km Landgrenze.

Die aktuelle Länge der deutsch-polnischen Grenze zwischen dem Dreiländerpunkt im Süden und dem Grenzzeichen 923 an der Ostsee beträgt 468 km. Da wir an den Grenzwasserläufen eine veränderliche Grenze haben, ändert sich diese auch nach jeder Neubestimmung (lt. Gesetz alle 10 Jahre eine Neubestimmung).

Mit dem Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 wurde die Oder-Neiße-Linie, vorbehaltlich einer Friedensregelung, als Grenze festgelegt. Im Görlitzer Abkommen vom 6. Juli 1950 wurde diese Grenze dann zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Republik Polen anerkannt, ohne dabei die Städte Stettin und Swinemünde, die westlich der Oder liegen, aufzuführen. Am 7. Dezember 1970 wurde die Oder-Neiße-Linie von der Bundesrepublik Deutschland im Warschauer Vertrag unter dem Vorbehalt einer Änderung im Rahmen einer Friedensregelung anerkannt.

Insgesamt 923 deutsche Grenzzeichen in Form von Grenzmarkierungssäulen, für den Hinweis des unmittelbaren Verlaufs einer Staatsgrenze in den Grenzgewässern und zusätzlich ca. 50 Grenzsteine  auf dem Festlandabschnitt begleiten diese Oder-Neiße-Grenze. Sie sind in einem unregelmäßigen Abstand angeordnet und werden ergänzt durch die entsprechenden polnischen Partnersäulen, die möglichst in Sichtverbindung zueinander stehen sollen.

Diese Grenzeinrichtungen sind im Rahmen des deutsch-polnischen Grenzvertrages zu pflegen. Gleichzeitig wird im regelmäßigen Turnus der Grenzverlauf überprüft. Eine erste umfangreiche Ermittlung des Grenzverlaufes erfolgte im Jahre 1950 [...]

Sukzessive erfolgten in den weiteren Jahren Ergänzungsmessungen, so Anfang der 1960er Jahre und in den späten 1970er Jahren. Infolge der deutschen Wiedervereinigung 1990 wurde eine anstehende umfangreiche Neuvermessung des Grenzverlaufes verschoben. Diese wird nun in den kommenden Jahren nachgeholt [...]

Lesetipp

Die Mark Brandenburg

Das Oderland

Von der eiszeitlichen Entstehungsgeschichte über die Kultivierung des Oderbruchs durch Friedrich den Großen, verheerenden Kriegen und Neuanfängen nach 1945 – die Geschichte des Oderlandes ist vielseitig.

Zustand der Grenzzeichen

[...] In den letzten Jahren wurden die deutschen Grenzzeichen nicht konsequent in der vertraglich erforderlichen Weise gepflegt. Gründe hierfür lagen in der Erweiterung des europäischen Raumes und damit verbunden in der Frage zur Aufrechterhaltung von Grenzen unter Einhaltung des Schengener Abkommens. Die Republik Polen trat dem Schengener Abkommen am 1. Mai 2004 bei. Auch die lange Zeit von sechs Jahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zum Vertrag am 3. Juni 2010 hat zum derzeit schlechten Zustand der deutschen Grenzzeichen beigetragen. Vandalismus und die Einwirkungen der Natur haben einen weiteren Beitrag dazu geleistet.

Die Oder

Kein anderer Fluss in Europa wurde nach 1945 so sehr auf seine Funktion als Grenze reduziert wie die Oder. Als Oder-Neiße-Grenze war sie geradezu ein Synonym für die europäische Nachkriegsordnung. Zugleich blieb sie, vor allem in Schlesien, immer auch eine Brücke zwischen Deutschen und Polen. Zahlreiche Projekte bauen heute darauf auf - die Oder steht so auch für das Zusammenwachsen Europas.

Im Jahre 2012, also zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes, wurde für das Land Brandenburg eine umfangreiche Begehung der Grenze zur Zustandserfassung der Grenzzeichen vorgenommen. Im Ergebnis der Untersuchung konnte festgestellt werden, dass von den 470 Grenzmarkierungssäulen auf dem Gebiet des Landes Brandenburg 278 Säulen, also 60 % der Säulen, derart beschädigt sind, dass diese vom Zustand nicht mehr den vertraglichen Festlegungen entsprechen. Hier ist in den nächsten Jahren eine Kompletterneuerung erforderlich.

Auch die Sichtachsenbeziehungen zwischen den deutschen und polnischen Grenzmarkierungssäulen entlang der Grenzgewässer ist infolge des stark fortgeschrittenen Bewuchses der letzten Jahrzehnte stellenweise nicht mehr gegeben, so dass eine gegenseitige Erkennbarkeit wie in der Anfangszeit fehlt.

Nach den vertraglichen Festlegungen besteht die Zielsetzung, alle zehn Jahre den Grenzverlauf und den Zustand der Vermarkung zu überprüfen. Alle fünf Jahre ist der Zustand der Grenzzeichen zu erfassen. Unabhängig von der Zeitstaffel können Einzelmaßnahmen der Instandsetzung von zerstörten, beschädigten oder abhandengekommener Grenzzeichen vorgenommen werden, insbesondere wenn die Verkehrssicherheitspflicht nicht mehr gegeben ist. Hierüber entscheidet dann jeweils die Grenzkommission. [...]

Die Ständige Deutsch-Polnische Grenzkommission

Zur Durchführung der Aufgaben aus dem Grenzvertrag wurde eine „Ständige Deutsch-Polnische Grenzkommission“ bestellt (im Weiteren als Grenzkommission benannt). Sie setzt sich jeweils aus einer Delegation der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen zusammen. Die Grenzkommission ist nicht berechtigt, den deutsch-polnischen Grenzverlauf zu ändern, sondern sie kann den Regierungen der Vertragsparteien nur Vorschläge zur Änderung des Grenzverlaufes unterbreiten. Die wesentlichen Aufgaben bestehen in der gemeinsamen Überprüfung des Verlaufes und des Zustandes der Vermarkung der Grenze, der Führung und Pflege des Grenzurkundenwerkes, der Grenzzeichen und der Festlegung eines einheitlichen Systems zur Dokumentation der Ergebnisse aus den Vermessungsarbeiten. Die Grenzkommission tritt mindestens alle zwei Jahre zusammen. [...]

Fazit/Ausblick

Mit dem deutsch-polnischen Grenzvertrag sollen die gutnachbarschaftlichen Beziehungen gefestigt und die freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten vertieft werden. Mit dem Vertrag wurden die Grundlagen für eine eindeutig erkennbare und geodätisch bestimmte Staatsgrenze gelegt. Die anstehenden umfangreichen Instandsetzungsarbeiten an den Grenzzeichen und der neu zu bestimmende Grenzverlauf auf dem Festlandsabschnitt als auch im Gewässerbereich ist eine technische als auch finanzielle Herausforderung für die nächsten Jahre, deren Ergebnisse dann in der zukünftigen Grenzdokumentation niedergelegt werden. Damit werden die vertraglichen Festlegungen des Grenzvertrages erfüllt.

Erneuerung der Grenzzeichen

Von 2015 bis 2018 sollen alle 923 deutschen Grenzmarkierungssäulen sowie die Grenzsteine auf den Festlandabschnitten ausgetauscht werden. Die Neuvermessung soll voraussichtlich 2020 abgeschlossen sein.

Auszüge aus: Günther Rothberger, Vermarkung und Instandhaltung der deutsch-polnischen Grenze, in: Vermessung Brandenburg 2/2014, S. 8-16.
 

Linktipps

  • Wie Frankfurt und Slubice zusammenwachsen

    Berliner Zeitung, 15.12.14

  • Brandenburg und angrenzende Wojewodschaften

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