1990 fand die erste Landtagswahl im neu gegründeten Land Brandenburg statt. Die meisten Kandidaten waren Politikneulinge, demokratische Wahlverfahren noch Neuland. Nach der Wahl war Brandenburg das einzige neue Bundesland, das von der SPD regiert wurde. Der damalige Ministerpräsident Manfred Stolpe bildete eine Koalition mit FDP und Bündnis 90.
Kurz nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik und der Gründung Brandenburgs fand am 14. Oktober 1990 die Wahl des ersten Landesparlaments statt, des Landtags. Dreizehn Parteien, politische Vereinigungen und Listenvereinigungen traten an. CDU, SPD und FDP jeweils allein. Die Bürgerbewegungen konnten sich mit den Grünen nicht einigen und blieben bei der Listenverbindung der Volkskammerwahl, unter Einschluss des Neuen Forum. LDPD, NDPD und DBD gab es nicht mehr. Die PDS bildete mit der KPD, der USPD und Parteilosen die Verbindung PDS-Linke Liste.
Brandenburg war nach 1990 das einzige neue Bundesland, das nicht konservativ, sondern von der SPD regiert wurde. Der damalige Ministerpräsident Manfred Stolpe bildete eine Koalition mit FDP und Bündnis 90, die an den unterschiedlichen Sichten auf die Stasi-Kontakte Stolpes kurz vor der Wahl 1994 brach. Seither gewann die SPD alle Landtagswahlen.
Die meisten Wahlkandidaten der SPD und von Bündnis 90 waren Politikneulinge. Sie traten den Parteien oft erst kurz vor der Wahl bei und wurden teils unter chaotischen Bedingungen nominiert. Nicht wenige von ihnen hatten sich aber bereits in kirchlichen Umwelt- und Friedenskreisen engagiert, so wie Regine Hildebrandt. Steffen Reiche, Mitbegründer der Sozialdemokraten in der DDR und Vorsitzender in Brandenburg, überredete den leitungserfahrenen Kirchenmann Manfred Stolpe, der erst im Juli 1990 der SPD beitrat, ihr Spitzenkandidat zu werden.
Die Kandidaten der CDU, der FDP und der PDS waren ganz überwiegend bereits Mitglieder der Blockparteien bzw. der SED gewesen, nicht selten in verantwortlichen Positionen in ihrer Partei oder in der Verwaltung. Unter den wenigen Ausnahmen waren in der CDU ihr Spitzenkandidat Peter-Michael Diestel, Beate Blechinger und Martin Habermann.
„Wir sind das Volk!“ hatten die Demonstranten 1989 gerufen und damit gefordert, dass sie selbst die politische Entwicklung bestimmen durften. Doch für die meisten Ostdeutschen war es 1990 leichter zu sagen, was sie nicht wollten (Sozialismus, Planwirtschaft), als zu konkretisieren, wen oder was sie wollten. Als sie das Recht durchgesetzt hatten, wirklich frei zu wählen, machten die vielen Ereignisse und Enthüllungen und die Verschiebungen in den Parteien die Wahlentscheidungen noch schwerer. Auch wurde die Bedeutung von Landtagswahlen unterschätzt. Jedenfalls gingen im Herbst nur zwei von drei Brandenburgern an die Urnen, um darüber zu verfügen, wer künftig die Politik im Land bestimmt. Das waren deutlich weniger als bei den Volkskammer-, Kommunalwahlen und den nachfolgenden Bundestagswahlen des Jahres 1990.
Chronik der Landesregierung
Am 14. Oktober 1990 wählten die Bürger den ersten Landtag nach der faktischen Auflösung der Länderparlamente 1952. Eine so genannte Ampelkoalition, bestehend aus SPD, FDP und Bündnis 90, regierte unter Ministerpräsident Dr. Manfred Stolpe das Land.Die erste Legislaturperiode 1990 - 1994
Die geringe Beteiligung traf besonders die CDU. Gegenüber der Volkskammerwahl verlor sie fast eine Viertelmillion Wähler, besonders im westlichen Brandenburg und in der Niederlausitz. Sie kam daher nur auf 29,4 Prozent der Stimmen. Die SED-Nachfolgepartei PDS befand sich weiter auf Talfahrt und erhielt nur noch 13 Prozent. Klare Wahlsiegerin war die SPD mit 38 Prozent der Stimmen. In fast allen Wahlkreisen gaben ihr die Brandenburger die meisten Stimmen. Besonders rund um Berlin war ihr Vorsprung vor der CDU sehr groß. Auch die Liberalen und Bündnis 90 legten zu. Das Bündnis 90 konnte seinen Stimmenanteil gegenüber der Volkskammerwahl mehr als verdoppeln und erhielt 6,4 Prozent, der Anteil der Liberalen stieg auf 6,6 Prozent (Feist/Hoffmann 1990: 17, 25). Die DSU, die in der Volkskammerwahl noch auf 6 Prozent gekommen war, erlangte in Brandenburg keine Bedeutung.
Wie die Bürger in den meisten ostdeutschen Bundesländern wählten die Brandenburger damit fünf Parteien in den Landtag. Überall sonst wurde aber jeweils mit deutlichem Vorsprung die Union stärkste Kraft, die auch auf Bundesebene regierte. In Brandenburg hingegen siegte die SPD, die hier das beste Wahlergebnis in ganz Ostdeutschland erzielte, ebenso wie die Bürgerbewegungen. Die PDS kam hinter Mecklenburg-Vorpommern auf ihr zweitbestes Ergebnis.
Wahlergebnisse im Überblick
Die Sitzverteilung im Landtag, die Wahlbeteiligung in Brandenburg und die Entwicklung der Zweitstimmen seit 1990 im Vergleich.
Die Unterschiede der Wähler von SPD und CDU waren auch nicht gravierend. Ostdeutschlandweit wurde die SPD praktisch in allen sozialen Gruppen gewählt, außer von den Gewerbetreibenden und Selbständigen. Sie hatte damit als einzige Partei keine ausgeprägte eigene Hausmacht in einem bestimmten Milieu. Die CDU wurde ebenfalls von vielen sozialen Gruppen gewählt, aber weniger von Akademikern und Auszubildenden. Diese und Arbeitslose bildeten die Wählerbasis der PDS.
Auszug aus Andrea von Gersdorff / Astrid Lorenz, "Neuanfang in Brandenburg", Potsdam 2010
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